Flüchtlingsstrom: Scharfe Kritik aus Budapest

Ein Mann mit Brille und Anzug steht vor Mikrofonen.
Regierungssprecher wirft Wien und Berlin "Inkonsistenz" vor und spricht auch von einer Medienhysterie.

Ungarns Regierungssprecher Zoltan Kovacs hat scharfe Kritik an dem Verhalten Österreichs, aber auch Deutschlands, in der Flüchtlingsthematik geübt. Im Interview mit der "Presse am Sonntag" empörte sich Kovacs darüber, dass Österreich in der Nacht auf Sonntag mehrere Tausend Migranten über die Grenze ließ, "ohne sie zu identifizieren".

Indirekt kritisierte er - wie zuvor bereits andere ungarische Politiker - die Entscheidung Österreichs, den Grenzübergang Nickelsdorf vorübergehend zu sperren mit der Begründung: "Europäische Bürger saßen vier Stunden lang gestrandet in ihren Autos fest." Für Österreich und Deutschland sei es Zeit, ihre "Doppelzüngigkeit" zu beenden und "über ihre Inkonsistenz nachzudenken", so Kovacs. Österreich hatte die Sperre der Ostautobahn (A4) beim Grenzübergang mit dem Schutz der zu Fuß die Grenze passierenden Flüchtlinge erklärt.

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Kovacs sparte auch nicht mit Kritik an den Medien - die "Medienhysterie" habe dazu geführt, dass "illegale Migranten tun, was sie wollen". Und weil deutsche und österreichische Meinungsmacher den Eindruck erweckt hätten, dass alle Flüchtlinge willkommen sind, "lehnten diese Leute zunehmend die Kooperation mit den Behörden ab".

Faymann "sehr ungehobelt, grob und ungerecht"

Aber auch das Verhalten von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist für Kovacs unverständlich. Er sei "sehr ungehobelt, grob und ungerecht" gewesen. Für seinen ungarischen Amtskollegen Viktor Orban sei Faymann "stundenlang" nicht erreichbar gewesen, erst um Mitternacht hätten die beiden Regierungschefs telefonieren können.

Zum Zaun an der ungarisch-serbischen Grenze meinte Kovac, dass Österreich und Deutschland besser helfen sollten, diesen fertigzustellen, anstatt ihn zu kritisieren. "Der Zaun verteidigt nicht nur uns, sondern auch euch" und "Der Zaun ist die einzige Chance, die wir haben. Sonst kommen jeden Tag Zehntausende Flüchtlinge nach Deutschland und Österreich", begründete er. Es sei Zeit, dass Österreich Solidarität zeige.

Nächste Woche soll es ein Treffen zwichen Werner Faymann und Victor Orban geben.

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