Finnen könnten bald über Euro-Austritt entscheiden

Der Euro wackelt auch Finnland.
"Grexit", "Brexit" und nun "Fixit"? Mit einem Volksbegehren hat Finnland die erste Hürde bereits hinter sich.

Ein "Grexit" konnte im Sommer abgewendet werden, über "Brexit" wird spätestens Ende 2017 abgestimmt, und die Debatte um "Fixit" kommt früher als gedacht. Denn Finnland hat mit einem Volksbegehren nun die erste Hürde für den Austritt aus dem Euro genommen. Damit könnte das skandinavische Land im kommenden Jahr der erste Staat sein, in dem die Bevölkerung über den Verbleib in der Europäischen Währungsunion abstimmt.

In den vergangenen Wochen haben sich in einem Volksbegehren mehr als 50.000 Finnen für den Austritt ausgesprochen und die legislativen Mühlen in Bewegung gesetzt, berichten internationale Medien, darunter auch die Frankfurter Allgemeine. Das kommt überraschend. Finnland galt im ersten Jahrzehnt nach der Einführung des Euro in Sachen finanzieller Stabilität als Musterschüler schlechthin.

Euroskeptiker in der Regierung

Die Finanzkrise 2008 machte dem ausgeglichen finnischen Haushalt aber einen Strich durch die Rechnung. Der Niedergang des Handyherstellers Nokia und die schwächelnde Papierindustrie drückten die Stimmung des bis dahin vom Euro begeisterten Landes. 2009 zog die euroskeptische Partei der "Wahren Finnen" ins Parlament ein und seit Frühjahr 2015 gehört sie sogar der neuen Mitte-rechts Regierung in Helsinki an (17,7 Prozent).

Finnen könnten bald über Euro-Austritt entscheiden
Paavo Väyrynen, the Centre Party's presidential candidate for the Finnish presidential elections arrives at a party for his campaign at Finlandia Hall during the last day of campaigning in Helsinki, Saturday Jan 21 2012. (Foto: LEHTIKUVA / Mikko Stig/AP/dapd) FINLAND OUT. NO THIRD PARTY SALES
Interessant ist, dass sich die Rechtspopulisten - wie auch alle anderen Parlamentsparteien - für den Euro aussprechen. Der Anstoß zum Volksbegehren kam vom finnischen Europaparlamentarier Paavo Väyrynen. Zeit seines Lebens hat sich der 69-Jährige Politiker der liberalen Zentrumspartei "Suomen Keskusta" gegen die EU, den Euro und die NATO-Mitgliedschaft ausgesprochen, und dabei auch Niederlagen erlitten.

Russland und Sanktionen

Die Finnen stecken in der längsten Rezession in ihrer jüngeren Geschichte. Im Mai hatte man mit fast zwölf Prozent die höchste Arbeitslosenrate seit 13 Jahren. Heute beträgt der Wert laut Eurostat rund neun bis zehn Prozent. Der Internationale Währungsfonds resümiert im jüngsten Länderbericht: Finnland habe es nicht geschafft, sich vom "strukturellen und konjunkturellen Schock seit 2007" zu erholen. Experten empfehlen der Regierung, die geplanten Einsparungen bei Programmen gegen Arbeitslosigkeit dringend zu überdenken.

Es sei jedoch wesentlich komplexer, erklärt der Ökonom Markku Kotilainen gegenüber der FAZ. Die finnische Wirtschaftsstruktur unterscheide sich deutlich vom europäischen Durchschnitt. Die starke Stellung der Papier- und Elektronikbranche sowie die Bedeutung Russlands als Exportland seien für das Land extrem wichtig. Und genau auf diesen Feldern würden sich nun die Schwierigkeiten ballen. Nach der russischen Annektion der Krim verhängte der Westen Sanktionen gegen Moskau, die schließlich auch Finnland treffen würden.

Finnen könnten bald über Euro-Austritt entscheiden
Von den europäischen Wettbewerbshüter gibt es für den Deal grünes Licht: Die Tätigkeiten beider Unternehmen würden sich nur geringfügig überscheiden, zudem gebe es ausreichend Konkurrenz.

Finnen glauben nicht an Besserung

Mit Reformen versucht die Regierung in Helsinki das Ruder noch rumzureißen. Ob es ihr gelingt, wird die "Fixit"-Debatte in den kommenden Monaten zeigen. Bis es aber zu einem Referendum kommt, wird es eine Weile dauern. Die Justizbehörden prüfen derzeit die Unterschriften des Volksbegehrens und frühestens im Februar wird sich das Parlament damit beschäftigen.

Aber auch, wenn sich eine Mehrheit im Plenum für den Volksentscheid ausspricht, heißt das noch nicht, dass 50 Prozent gegen den Verbleib in der Eurozone stimmen. Umfragen zufolge glaubt nämlich nur jeder dritte Finne, dass es dem Land mit der alten Mark besser gehen würde als heute.

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