Ex-NATO-Chef glaubt nicht an Attacke Israels: "Es steht zu viel auf dem Spiel"

Committee on Foreign Affairs Subcommittee on Security and Defence
"Ich wäre überrascht, wenn Israel zurückschlagen würde", sagt der Däne Anders Fogh Rasmussen.

Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen rechnet nicht damit, dass Israel mit einem Gegenschlag auf den iranischen Angriff reagieren wird. "Ich wäre überrascht, wenn Israel zurückschlagen würde", sagte Rasmussen am Montag im Gespräch mit Journalisten in Wien. Die Iraner hätten erklärt, dass sie die Angelegenheit an sich als erledigt betrachteten, "und ich denke nicht, dass es den wahren Interessen Israels dient, auf die iranische Attacke zu antworten".

Es stehe "zu viel auf dem Spiel", unterstrich der ehemalige dänische Ministerpräsident, der von 2009 bis 2014 an der Spitze des Nordatlantik-Bündnisses stand. "Es dient nicht den Interessen Israels, es dient nicht den Interessen der internationalen Gemeinschaft, wenn sich dieser Konflikt zu einem breiten, offenen regionalen Krieg ausweitet." Es könnte zwar sehr wohl "zu intensivierten Kämpfen zwischen Israel und den iranischen Proxies - den Houthi, der Hamas, der Hisbollah - kommen", meinte Rasmussen. "Aber ich würde keinen direkten bewaffneten Konflikt zwischen Israel und dem Iran erwarten."

"Nato wird keine Rolle spielen"

Eine Rolle für die NATO sieht der ehemalige Generalsekretär in der aktuellen Lage in Nahost nicht. Längerfristig gedacht sei jedoch eine Zwei-Staaten-Lösung "die einzig nachhaltige Lösung für den Nahost-Konflikt", und zum Monitoring eines entsprechenden Friedensschlusses könnte aus Sicht Rasmussens eine internationale Friedenstruppe vonnöten sein. "In diesem Sinne könnte die NATO natürlich, vielleicht mit anderen internationalen Kräften, eine Rolle spielen. Aber hier und jetzt? Nein, ich glaube nicht, dass die NATO eine Rolle zu spielen hat."

Nach Vorhersagen zum Verlauf des Krieges in der Ukraine befragt betonte Rasmussen, der sich auf Einladung der Industriellenvereinigung (IV) in Kooperation mit der Oberbank in Wien aufhielt, die Wichtigkeit der internationalen Unterstützung für das von Russland angegriffene Land. "Wenn wir liefern, was die Ukrainer brauchen - nicht nur, um zu überleben, sondern was sie tatsächlich brauchen, um die Russen aus dem ukrainischen Territorium hinauszuwerfen -, dann glaube ich, dass eine reelle Chance besteht, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen könnte. Bisher waren wir viel zu zögerlich, den Ukrainern das zu liefern, was sie brauchen."

Kein Erfolg für Putin

Die Unterstützung für die Ukraine darf aus Sicht Rasmussens nicht nachlassen, auch wenn es in vielen Ländern Diskussionen darüber gebe. "Aber wir müssen konsequent bleiben." Man dürfe dem russischen Präsidenten Wladimir Putin keinen Erfolg in der Ukraine ermöglichen. "Wenn wir akzeptieren, dass sich ein großes Land einfach Territorium von seinen kleineren Nachbarn nimmt, dann sendet das ein extrem gefährliches Signal an die ganze Welt."

Rasmussen plädierte für eine "komplett neue Sicherheitsarchitektur" in Europa - "eine Sicherheitsarchitektur, in der die Ukraine der NATO beitritt". Dies wäre freilich "präzedenzlos und auch eine Herausforderung", weil sich das Land ja im Krieg befinde. "Aber ich glaube, das würde den Weg zum Frieden ebnen, weil es eine klare Botschaft an Putin senden würde: Was auch immer Sie tun, was auch immer Sie denken, Sie können eine ukrainische Mitgliedschaft in der NATO nicht verhindern. Also sollte er besser die Feindseligkeiten beenden."

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