Brexit: Nur in zwei Ländern keine Mehrheit für EU-Verbleib

Brexit: Nur in zwei Ländern keine Mehrheit für EU-Verbleib
Während Großbritannien um seinen Brexit ringt, denken die wenigsten Bürger in der EU an einen Austritt.

Die Regierungen von Warschau bis Rom arbeiten sich mit wachsender Wut an der EU ab. Die Mehrheit ihrer Bürger aber fühlt sich trotzdem in der Union zu Hause und traut ihr zu, wesentliche Probleme zu lösen – zumindest mehr als den eigenen Regierungen in den einzelnen Staaten. Das ist das grundsätzlich positive Ergebnis einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage im Auftrag des EU-Parlaments. Fast 30.000 Europäer wurden über ihre Meinung über die EU befragt. 62 Prozent sind davon überzeugt, dass die EU-Mitgliedschaft ihres Landes grundsätzlich etwas Gutes ist, 68 Prozent sogar, dass ihr Land davon profitiert.

Brexit: Nur in zwei Ländern keine Mehrheit für EU-Verbleib

So gern man sich über Brüssel empört, den Weg Großbritanniens in den EU-Austritt möchte nur eine verschwindend geringe Minderheit der Europäer gehen. Gerade einmal 17 Prozent im europäischen Durchschnitt würden es gutheißen, wenn ihr Land die EU verließe. Die einzigen Länder, in denen es keine Mehrheit für den Verbleib in der EU gibt, sind Italien und Tschechien. Im traditionell EU-skeptischen Österreich sind immerhin 56 Prozent für den Verbleib in der Union.

Brexit: Nur in zwei Ländern keine Mehrheit für EU-Verbleib

Trotzdem haben die EU-Attacken von Orban, Salvini und ihren rechtspopulistischen Gesinnungsgenossen ihre Spuren bei den Bürgern hinterlassen. Das Feindbild von den elitären, abgehobenen Eurokraten in Brüssel, die keine Ahnung von den Sorgen der Bürger haben, hat sich bei vielen festgesetzt. Mehr als die Hälfte der Befragten sind unzufrieden mit der Demokratie in der EU und glauben auch nicht, dass ihre Stimme in der EU zählt.

Entsprechend wenig Vertrauen haben die Bürger in die einzige demokratische gewählte Institution der EU. Das EU-Parlament sieht gerade einmal ein Drittel positiv, der Mehrheit ist es einfach egal. Auch an den EU-Wahlen 2019 will nur jeder Dritte sicher teilnehmen, etwa ebenso viele haben das jetzt schon kategorisch ausgeschlossen.

Brexit: Nur in zwei Ländern keine Mehrheit für EU-Verbleib

EU-Wahlen seien eben „naturgemäß ein Spielplatz für EU-kritische politische Kräfte“, analysiert Andrea Römmele, eine der Experten, die die Studie begleitet und ausgewertet haben, die Ergebnisse. Diese Kräfte hätten gute Chancen, noch stärker zu werden als bei den letzten EU-Wahlen 2014.

Wenn es aber um die großen Probleme Europas geht, vertrauen die Europäer bei aller Skepsis doch lieber der EU. Ob es um Migration geht, Umweltschutz oder den Kampf gegen Arbeitslosigkeit: Eine klare Mehrheit will eine stärkere Rolle der EU bei diesen Fragen. Auch der Euro hat mehr Anhänger als Gegner.

Dass diese Ergebnisse tatsächlich Vertrauen in die EU signalisieren, bezweifelt Expertin Römmele, „dahinter steckt eher die Meinung der Bürger, dass die einzelnen Staaten damit nicht wirklich umgehen können“.

Tim Cupal (ORF): Kein Brexit-Durchbruch beim EU-Gipfel

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