EU-Staaten blockieren Beitrittsgespräche mit Balkanländern

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Herbe Entäuschung für die Balkanstaaten Nordmazedonien und Albanien. Auch Deutschland bremst.

Die Balkanstaaten Nordmazedonien und Albanien müssen trotz einer positiven Empfehlung der EU-Kommission weiter auf den Beginn der Verhandlungen über ihren EU-Beitritt warten. Die für Europafragen zuständigen Minister aus den EU-Staaten konnten am Dienstag nicht wie ursprünglich vorgesehen grünes Licht für den Beginn der Gespräche geben.

Grund war unter anderem die bisher fehlende Zustimmung des Deutschen Bundestages. Ohne sie darf die Bundesregierung dem Start der Gespräche auf EU-Ebene nicht zustimmen.

Zudem hatten im Vorfeld des Treffens Frankreich, die Niederlande und Dänemark grundsätzliche Bedenken geäußert. Kritiker bemängeln unter anderem noch unzureichende Fortschritte beim Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität in den beiden EU-Kandidatenländern, wobei die Situation in Albanien als deutlich schlechter gilt als die in Nordmazedonien. Eine endgültige Entscheidung soll nun erst im Oktober getroffen werden.

Aus Sicht Nordmazedoniens ist die Verschiebung besonders bitter, weil das rund 2,1 Millionen Einwohner zählende Land für die Perspektive auf Beitrittsverhandlungen jüngst seinen Namen von Mazedonien in Nordmazedonien geändert hatte. Die griechische Regierung hatte dies gefordert, weil auch eine nordgriechische Provinz Mazedonien heißt und Gebietsansprüche befürchtet wurden.

Durchsetzen konnte Griechenland seine Forderung, weil alle Entscheidungen zu Beitrittsverhandlungen in der EU einstimmig getroffen werden müssen. Das Land hatte seine Zustimmung für den Bündnisbeitritt an die Umbenennung Mazedoniens geknüpft.

Nordmazedonien will isoliert betrachtet werden

Der nordmazedonische Präsident Stevo Pendarovski forderte in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur, die Entscheidung über die Beitrittsverhandlungen mit seinem Land notfalls losgelöst vor der über den Start der Gespräche mit Albanien zu treffen. Er spielte damit darauf an, dass Unionspolitiker aus dem Bundestag die Aufnahme von Verhandlungen mit Albanien sehr kritisch sehen und ihr womöglich nicht zustimmen werden.

"Es darf nicht sein, dass ein Land für die Probleme eines anderen Landes bestraft wird", sagte Pendarovski. Nordmazedonien sei derzeit das einzige Land in der Region, das als gutes Beispiel tauge.

Der zuständige deutsche Europastaatsminister Michael Roth erklärte in Luxemburg, der Bundestag habe nach eigenen Angaben bisher zu wenig Zeit gehabt, um sich mit Empfehlung der EU-Kommission zum Start der Beitrittsverhandlungen angemessen zu befassen. Er hoffe, dass es spätestens im Oktober zu einer positiven Entscheidung komme. "Wir haben vor einem Jahr hier in Luxemburg beiden Staaten Hausaufgaben erteilt. Aus meiner Sicht sind diese Hausaufgaben erfüllt worden", sagte Roth. Es gehe auch um die Glaubwürdigkeit der EU und darum, dass man Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit in Nordmazedonien und Albanien weiter stabilisiere.

Ähnlich hatte sich vor dem Treffen der zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn geäußert. "Nur mit einer glaubwürdigen Politik wird es gelingen, den Reformprozess am Westbalkan voranzutreiben und unseren Einfluss in der Region zu bewahren", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Eine Verschiebung und die Nichtanerkennung objektiv erbrachter Fortschritte seitens der Beitrittskandidaten könne dramatische Folgen für die betroffenen Länder und die gesamte Region haben, warnte Hahn. So drohe zum Beispiel auch die Motivation wegzufallen, den Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo beizulegen.

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