Erdogan zu Özil: "Seine Haltung ist komplett patriotisch"

"Rassistische Haltung" gegenüber Özil sei "nicht hinnehmbar", den Rücktritt des Fußballers begrüßt Erdogan.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Rücktritt von Mesut Özil aus der deutschen Nationalmannschaft begrüßt und die "rassistische Haltung" gegenüber dem Fußballer kritisiert. Erdogan sagte am Dienstag nach einer Fraktionssitzung seiner AKP in Ankara laut türkischen Medien, er habe am Montag mit Özil telefoniert und stehe hinter dessen Mitteilung, in welcher der Fußballer am Sonntag seinen Rücktritt erklärt und schwere Vorwürfe gegen deutsche Fußballfunktionäre, Medien und Sponsoren erhoben hatte.

"Gestern Nacht habe ich mit Mesut gesprochen. Seine Haltung in der Erklärung ist komplett patriotisch", sagte Erdogan laut dem Staatssender TRT Haber, wobei zunächst offen blieb, welche Art Patriotismus der türkische Staatschef meinte.

Die Deutschen könnten nicht akzeptieren, dass Özil für ein Foto mit ihm posiert habe, sagte Erdogan. "Man kann diese rassistische Haltung gegenüber diesem jungen Mann nicht hinnehmen, der so viel Schweiß für den Erfolg der deutschen Nationalmannschaft vergossen hat", sagte der türkische Präsident.

Özil hatte in seiner Erklärung Rassismus-Erfahrungen angeprangert und unter anderem kritisiert, Funktionäre des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hätten seine türkischen Wurzeln nicht respektiert.

"Eine rassistische Einstellung gegenüber einem jungen Mann, der der deutschen Nationalmannschaft so sehr alles von sich gegeben und zu dessen Erfolg beigetragen hat", sei nicht zu akzeptieren, sagte Erdogan der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge. Die Angriffe hätten sich auch gegen Özils Religion gerichtet. Deutschland ertrage nicht, dass er sich mit den türkischstämmigen Fußballern habe fotografieren lassen, sagte Erdogan demnach weiter.

Özil und sein Mitspieler in der Nationalmannschaft, Ilkay Gündogan, hatten sich vor der Fußball-Weltmeisterschaft und im türkischen Wahlkampf mit Erdogan fotografieren lassen. Die von Erdogans Partei veröffentlichten Bilder zogen in Deutschland rasch heftige Kritik nach sich. Auf dem Trikot, das Gündogan an Erdogan überreicht hatte, stand handschriftlich über der Signatur auf Türkisch: "Für meinen verehrten Präsidenten - hochachtungsvoll". Kritiker werfen der türkischen Regierung unter anderem vor, Druck auf die Opposition und Medien auszuüben.

"Integrationslüge geplatzt"

Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) rief in der durch Özils Rücktritt losgetretenen Integrationsdebatte zum Kampf gegen Fremdenhass auf. "Unabhängig vom Fall Özil ist völlig klar: Wir müssen uns jeder Form von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sehr entschlossen entgegenstellen", sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). "Es bleibt eine Aufgabe für uns alle, einzustehen für die Werte, die unser Land ausmachen: Toleranz, Vielfalt und Freiheit."

Der außenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Armin-Paulus Hampel, teilte mit, man müsse Fußballern wie Özil beinahe dankbar sein: Nichts "hätte die Integrationslüge überzeugender zum Platzen bringen können." Die von "Funktionseliten der bundesdeutschen Altparteien propagierte Institution einer doppelten Staatsbürgerschaft" sei krachend gescheitert, sagte Hampel. In Özils Brust könnten keine zwei Herzen schlagen. "Entscheidungen sind gefragt, aber keine doppelten Staatsbürgerschaften!"

"Fatales Signal"

Die Staatssekretärin für Integration in Nordrhein-Westfalen, Serap Güler (CDU), zeigte sich besorgt über die Schärfe der Auseinandersetzung. "Man hat das Gefühl, dass die Mitte in dieser Debatte verlorengeht", sagte sie dem Südwestrundfunk. Dass ein Nationalspieler zurücktritt, weil er anderen Rassismus vorwirft, sei für die Integrationspolitik "ein fatales Signal". Özil wurde in Gelsenkirchen geboren und kommt damit aus Nordrhein-Westfalen.

Für ein klärendes Gespräch zwischen den Beteiligten sprach sich der CDU-Sportexperte Eberhard Gienger aus. "Jetzt wäre es gut, wenn sich alle Beteiligten schnell treffen würden: Mesut Özil, Joachim Löw, Oliver Bierhoff, Reinhard Grindel", sagte Gienger der "Rheinischen Post" (Mittwoch). Am Ende könne dann hoffentlich eine Versöhnung stehen.
 

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