Bei seiner Initiative handele es sich nicht um eine neue Institution, sondern um eine neue Methode, um der ermüdeten Demokratie wieder Schwung zu geben, so Macron. Der CNR solle die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Akteure, Gewerkschaften, Vereine sowie zufällig ausgeloste Bürger zusammenbringen.
So oft war dem Staatschef vorgeworfen worden, er regiere von oben herab, ohne ausreichend den Dialog zu suchen. Das sollte nun anders werden.
Seine Kritiker zweifeln jedoch daran, dass es sich um einen echten Gesinnungswandel handelt.
Wenn am heutigen Donnerstag der CNR im Örtchen Marcoussis im Südosten von Paris offiziell gegründet wird, dann ohne die Oppositionsparteien. In seiner Einladung hatte Macron sie dazu aufgerufen, gemeinsam fünf große Herausforderungen der Zukunft – Ökologie, Schule, Gesundheit, Arbeit und Autonomie im Alter – anzugehen.
Doch seine Gegner von den Linken über die Grünen und die Republikaner bis zu den Rechtsextremen erwidern, eine weitere Einrichtung sei ungeeignet, um dem Politikverdruss der Menschen zu begegnen. Der konservative Präsident des Senats, Gérard Larcher, begründete seine Ablehnung damit, dass einzig das Parlament legitimiert sei, Gesetze zu erlassen: Er befürchte, Macron wolle die Abgeordneten mit seiner Initiative übergehen. Sie finde es bedenklich, „die Diskussion zu verweigern, bevor sie überhaupt begonnen hat“, sagte Premierministerin Élisabeth Borne.
Die Gewerkschaften werden zugegen sein, doch der Chef der reformorientierten CFDT, Laurent Berger, sagte in einem Interview, er hoffe, es gehe nicht nur um eine „Hohe Messe“: „Unser Wunsch ist es, konkret zu arbeiten, um Lösungen zu finden.“
Als wichtige Themen nannte Berger unter anderem die Gehälter, die Sozialleistungen und die Kaufkraft der Menschen.
Die politische Opposition untermauert mit ihrer Haltung hingegen, dass sie ihre Position der Stärke seit den Parlamentswahlen Mitte Juni nutzen will, um Druck auf die Regierung auszuüben. Damals verlor Macrons Partei La République en marche, die sich demnächst umbenennt in Renaissance, also „Wiedererwachen“, die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung.
Zwar bleibt sie mit ihren Alliierten die größte politische Kraft, doch für den Beschluss neuer Gesetze ist er künftig auf Stimmen über sie hinaus angewiesen. Bereits das Votum über ein großzügiges Maßnahmen-Paket zur Stärkung der Kaufkraft im Sommer erwies sich als mühsam.
Und so dürfte vor allem die linke Fraktion auch Widerstand bei Macrons nächsten Großprojekten leisten, nämlich den Reformen der Rentenversicherung mit einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre sowie der Arbeitslosenversicherung, bei der die Länge des Bezugs von Arbeitslosengeld an die wirtschaftliche Lage gekoppelt wird.
Zugleich könnte der Druck von der Straße zunehmen – ein „heißer Herbst“ mit neuerlichen Protesten wie jenen der „Gelbwesten“ Ende 2018 oder gegen die damals geplante Rentenreform ein Jahr später sind keineswegs ausgeschlossen.
Das soziale Klima droht sich durch die Inflation und steigende Energiepreise, die die Regierung nicht dauerhaft für alle abfedern kann, weiter anzuspannen.
Macrons Dialog-Angebot kann dagegen wohl wenig ausrichten.
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