Paris ein Jahr vor Olympia: Riesenspektakel, wenig Fieber

Von Simone Weiler
Sie wird in der ersten Reihe sein, wenn in genau einem Jahr das große Spektakel beginnt, und trotzdem hat Sabrina noch kaum einen Gedanken an die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris verschwendet. „Ich bin noch mit der aktuellen Saison beschäftigt“, sagt die Managerin der Bar „La terrasse “ am Ufer der Seine, unweit der Brücke Pont de Sully. „Olympia schaue ich mit gemischten Gefühlen entgegen: Das wird teuer und chaotisch.“
Sieben Millionen Besucher werden während der Spiele von 26. Juli bis 11. August nächsten Jahres erwartet, hinzu kommen 250.000 Journalisten, mehr als 10.000 Athleten sowie deren Begleiter; mit drei Millionen Gästen wird dann für die Paralympischen Spiele von 28. August bis 8. September gerechnet. Einige Disziplinen, wie Freiwasserschwimmen und ein Teil des Triathlons, werden in der Seine durchgeführt. Sie wird dafür gereinigt, sodass die Pariser ab 2025 darin schwimmen können.
Eröffnung an der Seine
Auch die große Eröffnungszeremonie findet direkt auf dem Fluss und damit zum ersten Mal außerhalb eines Stadions statt. Rund 500.000 Menschen werden erwartet. Für ein Fünftel von ihnen sind laut aktueller Planung kostenpflichtige Sitzplätze am Wasser vorgesehen. Die anderen erhalten Gratis-Tickets, um sich auf den oberen Uferstraßen über jeweils sechs Kilometer hinweg zu verteilen.


Die Olympischen Ringe vor dem Pariser Rathaus
Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, doch ein Gefühl der Euphorie hat sich in Paris noch nicht eingestellt. Wer sich in der Stadt umhört, erntet Gleichgültigkeit oder Skepsis. In Umfragen bewerten nur 58 Prozent der Menschen in Frankreich die Spiele positiv. Im September 2021 waren es noch 76 Prozent. Schon der Vorverkauf stand in der Kritik, da die oft sehr teuren Karten nach einem Losverfahren zunächst nur in der Kombination mehrerer Disziplinen zur Verfügung standen.
Trotzdem sind inzwischen 6,8 der insgesamt acht Millionen Tickets verkauft, freuen sich die Organisatoren, die positive Stimmung verbreiten wollen. „Wir spüren die Begeisterung, die von den ersten Tests, die wir unter anderem auf der Seine durchgeführt haben, ausgeht“, schwärmte der Vorsitzende des Organisationskomitees, der ehemalige Spitzen-Kanute Tony Estanguet, bei einer Sitzung des Olympischen und Paralympischen Komitees Mitte Juli.
Präsident Emmanuel Macron nahm daran teil, um mehrere Ankündigungen zu machen, von der Erhöhung der Prämien für französische Medaillengewinner bis zur Gründung einer Beobachtungsstelle für Mietpreise – nachdem die Hoteltarife seit der Corona-Pandemie im Schnitt schon um 30 Prozent anstiegen sind .

Souvenirverkäufer Dudda Babi mit olympischer Fackel auf T-Shirt
Ausländische Touristen interessieren sich trotzdem jetzt schon für das Groß-Event, versichert Dudda Babi. Der Besitzer eines Souvenir-Ladens auf der Seine-Insel Île Saint-Louis verkauft jeden Tag mehr T-Shirts mit der Olympischen Flamme. „Für mich werden die Spiele sehr positiv“, sagt er.
An der Pont d’Arcole, der Brücke schräg gegenüber seiner Ladentüre, teeren gerade Arbeiter die Straße neu. Überall in der Stadt gibt es Baustellen, die teils vorgezogen wurden, damit sie rechtzeitig beendet sind. Die Spiele gelten als Gelegenheit, der Welt ein strahlendes Bild von Frankreich zu präsentieren – gerade nachdem es mit den Krawallen in hunderten Städten des Landes vor einem Monat Negativschlagzeilen machte.
Das Gesamtbudget für die Spiele stieg auf 8,8 Milliarden Euro an – noch ein Thema, das viele Einheimische beunruhigt. Auch der Transport wird eine außerordentliche Herausforderung. Alle Austragungsorte im Pariser Großraum sollen mit dem Fahrrad wie auch mit den öffentlichen Transportmitteln erreichbar sein. Demnach gelte es, bis zu 60.000 Menschen pro Stunde zu befördern, sagte Laurent Probst, Generaldirektor des Transportunternehmens Île-de-France Mobility: „Das ist, als müssten wir den Zugang zu 50 großen Fußball-Spielen pro Tag regeln.“
„Olympische Spur“
Auf der Ringautobahn ist eine „Olympische Spur“ für Athleten und Sondergäste vorgesehen, die nach den Spielen als Extra-Spur für Busse und Taxis bleiben soll. Schließlich soll es dauerhafte positive Auswirkungen für die Pariser Stadtbewohner geben – damit sich bei ihnen doch noch ein wenig Enthusiasmus einstellt.
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