Trump als Unsicherheitsfaktor für die Weltwirtschaft

Viele fürchten den Ausbruch von neuen Handelskriegen. Auch bei Devisen sind unruhige Zeiten vorprogrammiert.

Für die Weltwirtschaft gibt es nach Ansicht vieler Experten ein neues Stabilitätsrisiko: Der US-Milliardär Donald Trump übernimmt am Freitag nächster Woche das Amt des Präsidenten der weltgrößten Volkswirtschaft.

Die Ängste, die zahlreiche Ökonomen, Manager und Politiker mit Trump verbinden und die er mit seinen unzähligen Twitter-Nachrichten sowie der ersten Pressekonferenz seit der Wahl noch bestärkte, sind groß. Vor allem fürchten viele den Ausbruch von Handelskriegen. Auch bei Devisen sind unruhige Zeiten vorprogrammiert. Zudem könnten Trumps Steuerpläne den weltweiten Unterbietungs-Wettbewerb bei Firmensteuern anheizen. Die Folgen sind bereits in Mexiko zu beobachten. Im US-Nachbarland hat Trump bereits einen Kurssturz der Währung sowie Turbulenzen in der Wirtschaft ausgelöst.

"Hoher Grad an Unkalkulierbarkeit"

Die fette Überschrift über Trumps beginnender Amtszeit lautet Unsicherheit. Ob es nun die Chefs großer Wirtschaftsverbände in Deutschland sind oder Wirtschaftsprofessoren wie Gustav Horn vom gewerkschaftsnahen Forschungsinstituts IMK, alle sprechen von einer "großen Verunsicherung". Höchst beunruhigend seien die Pläne des neuen US-Präsidenten, klagte gerade erst Deutschlands Industriepräsident Dieter Kempf und sprach von einem "hohen Grad an Unkalkulierbarkeit".

"Ich sehe Trump eher als ein Aufwärts- denn als Abwärts-Faktor."

Dabei könnten Trumps Pläne für Steuersenkungen und massiv mehr Staatsinvestitionen die US- und die globale Wirtschaft anfangs sogar stärker wachsen lassen. Der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, jedenfalls bemerkt mit Blick auf die kommenden zwei Jahre: "Ich sehe Trump eher als ein Aufwärts- denn als Abwärts-Faktor." Sein Kollege Horn hält dagegen: "Ich schätze die Gefahren, die von den Unsicherheiten ausgehen, als wesentlich höher ein, als die positiven Effekte, die sich aus den diskutierten Maßnahmen ergeben".

"Keineswegs. Baut die Fabrik in den USA oder zahlt hohe Importzölle"

Trump selbst hat, zuletzt bei seiner Pressekonferenz, schon vor Amtsantritt deutlich gemacht, wohin mit ihm beim Thema Handel und internationaler Standortwettbewerb die Reise gehen wird. Zur Ankündigung von Toyota, ein Werk in Mexiko zu bauen, twitterte er die Drohung: "Keineswegs. Baut die Fabrik in den USA oder zahlt hohe Importzölle". Auch deutsche Autokonzerne horchten auf. Die US-amerikanischen Toyota-Konkurrenten Ford und General Motors erhielten via Twitter die Ansagen, dass sie nicht Werke in Mexiko bauen, sondern Jobs in den USA schaffen sollte.

Drohen Handelskriege mit Strafzöllen?

Drohen also nun, ausgehend von den USA, Handelskriege mit Strafzöllen und anderen Hürden? "Ja, das würde ich schon für plausibel halten", sagt DIW-Mann Fichtner. Komme es dazu, dann dürften das vor allem die Konkurrenten der USA auf dem Weltmarkt zu spüren bekommen, andere Industrieländer, wie Deutschland. Und auch BDI-Präsident Kempf hält solche Befürchtungen für nachvollziehbar.

Der Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF) Maurice Obstfeld beschäftigte sich kurz vor Weihnachten mit dem großen Einfluss der US-Politik auf andere Länder. So habe etwa Zeitpunkt und Ausmaß der Kehrtwende in der Zinspolitik der Notenbank Fed mit Trump zu tun - obwohl der noch gar nicht im Amt war. Und die US-Zinsentwicklung ist ein Schlüsselfaktor für die Kapitalbewegungen in der Welt. Die Aussicht auf höhere US-Zinsen kann vor allem zu Kapitalabflüssen in Schwellenländern führen - Brasilien kann nach entsprechenden Erfahrungen ein Lied davon singen - und dort als Folge massive wirtschaftliche Verwerfungen auslösen.

Steuerpolitik als weiteres Schlachtfeld

Als weiteres potenzielles Schlachtfeld im internationalen Wettbewerb identifizierte Obstfeld die Steuerpolitik. "Die Republikaner im Kongress haben schon lange für eine Senkung der Einkommens- und Unternehmens-Steuern geworben", schreibt er. Trump habe das aufgenommen und noch um eine staatliche Ausgabenoffensive angereichert. Die Folgen deuten sich schon an. In deutschen Regierungsstuben ist, wenn auch nicht nur durch Trump, von einem wachsenden internationalen Druck die Rede, auch selbst etwas bei den Firmensteuern zu tun. Daneben dürfte auch der Streit um schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme aufleben.

Trump als Unsicherheitsfaktor für die Weltwirtschaft
NEW YORK, NY - JANUARY 11: President-elect Donald Trump speaks at a news cenference at Trump Tower on January 11, 2017 in New York City. This is Trump's first official news conference since the November elections. Spencer Platt/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++
Trumps Politik wird zudem nach Einschätzung von Ökonomen die Inflation in den USA anheizen, was für die US-Notenbank Fed ein Grund mehr sein könnte, den Abschied von der ultraexpansiven Geldpolitik energischer voranzutreiben. Das, so argumentiert Obstfeld, sollte den Dollarkurs steigen lassen. In die gleiche Richtung dürften Trumps Pläne wirken, US-Firmen mit Anreizen zu bewegen, im Ausland geparktes Vermögen - die Rede ist von bis zu 2,5 Billionen Dollar (2.380 Mrd. Euro) - in die USA zurückzuholen.

Ein deutlich stärkerer Dollar birgt aber viel Konfliktstoff. Denn dass US-Konkurrenten wie Deutschland und China Vorteile daraus auf den Exportmärkten, auch in den USA, nutzen können, während die US-Exporteure leiden, ist sicher kaum im Sinne Trumps. "Kommt es zu einer scharfen Wechselkurs-Reaktion und wachsenden globalen Ungleichgewichten als Folge des Amtswechsels in den USA, werden protektionistische Maßnahmen zu einem immer größeren Risiko", sagt Obstfeld voraus. Bei einer solchen Entwicklung gibt es nur Verlierer, warnen Fachleute.

Trump als Unsicherheitsfaktor für die Weltwirtschaft
Janet Yellen: Ihre Aussagen beim Notenbanker-Treffen werden auf die Goldwaage gelegt.
Der künftige US-Präsident Donald Trump und NotenbankchefinJanet Yellensteuern auf Kollisionskurs. Im Wahlkampf attackierte der 70-Jährige Republikaner die fast gleichaltrige Top-Währungshüterin persönlich. Die verbalen Breitseiten gipfelten in dem Vorwurf, sie halte die Zinsen auf Geheiß des scheidenden Präsidenten Barack Obama niedrig und solle sich dafür schämen.

Nach Ablauf ihrer Amtszeit an der Spitze der Fed will er sie abberufen. Yellen bleibt somit wohl nur noch gut ein Jahr, um der Geldpolitik ihren Stempel aufzudrücken. Zugleich muss sie sich auf Gegenwind im Kongress gefasst machen. Republikanische Parlamentarier wollen die mächtigste Notenbank der Welt an die kurze Leine nehmen.

Im Gespräch ist eine Art geldpolitisches Korsett, das den Bewegungsspielraum der Fed stark einengen würde. Dass Yellen in dieser brisanten Lage vorzeitig das Handtuch wirft, gilt dennoch als unwahrscheinlich: "Auch wenn Yellen unter Druck geraten dürfte, weiß sie doch, dass ein Rücktritt der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Fed schaden würde", sagt der Amerika-Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Mickey Levy.

Die mehr als 100 Jahre alte Fed ist zwar unabhängig von der Politik, doch hat Trump mit seinen verbalen Attacken deutlich gemacht, dass er einen eher hemdsärmeligen Stil pflegt. Nach dem Willen einiger Republikaner soll das Doppelmandat der Fed - Förderung von Vollbeschäftigung und stabilen Preisen - massiv eingeschränkt werden. Sie wollen der Notenbank stärker auf die Finger schauen und sie zu mehr Transparenz in der Geldpolitik zwingen. Trump hat offengelassen, ob er diese unter dem Slogan "Audit the Fed" laufenden Bemühungen befürwortet.

Zuletzt twitterte jedoch Senator Rand Paul, einer der Protagonisten dieser Bewegung, Trump unterstütze sie. Das dürfte bei der Notenbank die Alarmglocken schrillen lassen. Yellen hat sich strikt gegen das Vorhaben gestellt, ihre Politik an eine feste Formel zu ketten. Im Gespräch war dabei die nach dem US-Ökonomen John Taylor benannte Regel zur Bestimmung des je nach Konjunkturlage angemessenen Leitzinses. Auch der Chef des Fed-Ablegers von Minneapolis, Neil Kashkari, stärkte Yellen jüngst in dem sich anbahnenden Machtkampf mit dem Kongress den Rücken: Wäre die Regel bereits seit fünf Jahren Richtschnur für die Fed, wäre die Zahl der Arbeitslosen um 2,5 Millionen höher. Um den Amerikanern die Folgen plastisch vor Augen zu führen, fügte er hinzu: "Damit könnte man alle 31 Stadien der National Football League gleichzeitig füllen."

Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner rechnet jedoch nicht damit, dass es letztlich zu "revolutionären Veränderungen" am Mandat der Fed kommen wird: "Die Bindung an starre Regeln dürften Trumps Interessen zuwiderlaufen - zumal, wenn dies in einer deutlich strafferen Geldpolitik resultieren sollte." Diese könnte den vom künftigen Präsidenten mit staatlichen Investitionen und Steuersenkungen angestrebten Aufschwung ausbremsen.

Trump hat jedoch mit der anstehenden Besetzung von zwei vakanten Posten im Fed-Direktorium einen Hebel in der Hand, die Notenbank personell und damit quasi von innen heraus neu aufzustellen. Glenn Hubbard, der einstige Wirtschaftsberater des republikanischen Präsidenten George W. Bush, gilt als ein Anwärter für den Posten. Auch der frühere Fed-Direktor Kevin Warsh, der zum engsten Beraterkreis Trumps gehört, könnte in Frage kommen: "Sie haben beide entsprechende Fachkenntnis und sind sicherlich heiße Kandidaten, selbst wenn noch neue Namen auftauchen sollten", so Fed-Beobachter Weidensteiner. Womöglich werde einer der letztlich von Trump nominierten Kandidaten sogar vom Direktorenposten auf den Chefsessel wechseln. Yellens Zeit an der Spitze der Notenbank läuft Anfang Februar 2018 aus, rund ein Jahr nach der Amtseinführung Trumps.

Allen Dementis zum Trotz muss sich der künftige US-Präsident Donald Trump weiter mitBerichten über belastendes Material in den Händen Russlandsauseinandersetzen. Die Geheimdienste hätten noch kein Urteil darüber getroffen, ob die entsprechenden Informationen "glaubwürdig" seien, erklärte US-Geheimdienstdirektor James Clapper am Mittwoch (Ortszeit) nach einem Gespräch mit Trump.

Dieser attackierte Medien und Geheimdienste seines Landes für die entsprechenden Veröffentlichungen. Clapper erklärte, er habe Trump am Mittwochabend seine "tiefe Bestürzung" über die Medienberichte zum Ausdruck gebracht. Er sei sich mit Trump einig gewesen, dass die Berichte "äußerst zerstörend und schädlich für unsere nationale Sicherheit" seien. Clapper geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die Informationen nicht von den US-Geheimdiensten an die Medien weitergegeben wurden.

Trump hatte zuvor die US-Geheimdienste verdächtigt, Informationen über das angebliche russische Dossier mit belastendem Material lanciert zu haben. Derartige Durchstechereien seien "schändlich" und "illegal", sagte Trump am Mittwoch auf seiner ersten Pressekonferenz seit dem Wahlsieg im November. Das kompromittierende Material, über das der Kreml angeblich verfügen soll, war das dominierende Thema der Pressekonferenz, was Trump sichtlich empörte.

US-Medien hatten unter Berufung auf US-Geheimdienste berichtet, Russland verfüge über belastende Informationen über das Privatleben und die Finanzen des Immobilienmilliardärs. Demnach könne Trump durch das heikle Material erpressbar sein. Die russische Regierung wies die Berichte als "Lügengeschichten" zurück.

In den Berichten ist unter anderem von einem Sexvideo mit russischen Prostituierten in einem Moskauer Hotelzimmer von Trump die Rede. Trump sagte, bei Reisen nach Russland sei er immer sehr vorsichtig gewesen, da es in Hotelzimmern und andernorts "wahrscheinlich Kameras gibt." Außerdem habe er eine "Keimphobie", sagte er scherzhaft über die in dem Memo beschriebenen Sexpraktiken.

Der künftige US-Präsident weigerte sich, die Frage eines CNN-Reporters zu beantworten. Er warf dem US-Sender vor, "Fake News" zu verbreiten. CNN hatte lediglich berichtet, dass Russlands angebliche Informationen über Trump Thema eines Gesprächs zwischen Trump und US-Geheimdienstchefs gewesen seien.

In voller Länge hatte das Webportal "Buzzfeed" das 35-seitige Papier in Umlauf gebracht, das Trump als einen "Haufen Müll" bezeichnete. Erstellt wurde dieser Bericht nach Informationen des "Wall Street Journal" von dem früheren britischen Agenten Christopher Steele. Der Mann leite inzwischen die Londoner Firma Orbis Business Intelligence, berichtete das Blatt.

Zuvor hatten US-Medien berichtet, dass der 35-seitige Bericht über Trump von einem früheren Agenten des britischen Geheimdienstes MI6 zusammengestellt worden sei. Dessen damalige Arbeit werde von US-Geheimdienstmitarbeitern als vertrauenswürdig eingestuft.

Während Trump jegliches Fehlverhalten genauso bestritt wie russische Informationen darüber, übte er dennoch Kritik an Russland. Er räumte auf der Pressekonferenz erstmals ein, dass Russland hinter Hacker-Angriffen während des US-Wahlkampfes stecke. An seinem Vorhaben, die Beziehungen zu Russland zu verbessern, wolle er aber festhalten, sagte Trump. Ein gutes Verhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin wäre demnach "ein Vorteil, keine Belastung".

Kommentare