Jetzt, zwei Jahre nach dem Hahnenkampf von damals, bahnt sich eine Neuauflage dieses Streits an. Denn nicht nur Söders Rhetorik ist dieselbe, sondern auch sein Rückenwind: Damals flog er von Umfrageplus zu Umfrageplus, und das nutzte er als Argument, um sich in Stellung zu bringen. Jetzt steht er ein halbes Jahr vor einer Landtagswahl, und seine immer breiter werdende Brust scheint gerechtfertigt: Die Umfragen bescheinigen ihm bis zu 42 Prozent. Davon können andere nur träumen.
Dass er nach einem Wahlerfolg daheim in München in den Berliner Ring steigen dürfte, davon sind fast alle Beobachter überzeugt. Nur: Sein Gegner ist ein anderer als damals. Nicht mehr der versöhnliche Armin Laschet, der mit ihm noch auf Augenhöhe verhandeln wollte, sondern CDU-Chef Friedrich Merz steht ihm gegenüber. Und der ist nicht nur kantiger im Auftreten als Laschet es war, sondern hat auch einen langen Atem, wie man weiß. Nicht nur einmal hat er versucht, Merkels politisches Erbe anzutreten – letztlich trug er als Parteichef ihre Politik erfolgreich zu Grabe.
Merz’ Problem ist aber nicht nur Söder, der sich in Bayern allzu offensiv ziert. Auch in der CDU gibt es einige, die ihn nicht für mehrheitsfähig halten. Viele alte Merkelianer tun sich schwer mit seiner konservativen Linie, bei Frauen kommt er auch nicht so an wie gewünscht. Das sieht man auch in Umfragen: Zwar läge die CDU derzeit mit ihm auf Platz eins, aber nur mit 30 Prozent – das ist deutlich hinter Merkels letzter Wahlschlappe.
Merz kann nicht von der Schwäche der Ampel profitieren, ihm fehlt es an Breite, lautet der Befund daher. Und dass er sich außerdem in Sachen Kanzlerfrage nicht und nicht festlegen will – und das, obwohl maßgebliche Parteikollegen kürzlich öffentlich für ihn als Spitzenkandidat eintraten – , lässt viele in der Partei zudem ratlos zurück. Sein Kalkül, nicht zu früh alles Pulver zu verschießen, eröffnet Raum für Spekulationen.
Neben ihm und Söder machen nämlich auch andere von sich reden – etwa Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Er ist mit 47 Jahren nicht nur deutlich jünger als Merz, der im Wahljahr 2025 bereits 69 wäre, sondern würde als Mann der Mitte auch jene Wähler mitnehmen, die mit Merkel nicht ganz so brüsk brechen wollen.
Diese Wähler waren es, die Olaf Scholz 2021 ins Amt getragen haben. Wüst weiß das, und er nutzt es: Dass er kurz nach Merz’ umstrittenem „Kleine-Paschas“-Sager über Migrantenbuben von „unseren Kindern“ sprach, war kein Zufall.
Gegenüber Söder, der auch im konservativen Eck fischt, hätte Wüst noch einen anderen Vorteil. Seine Aussage, er wolle „nicht ins Kanzleramt, sondern in Nordrhein-Westfalen bleiben“, hat noch keinen Beigeschmack.
Kommentare