Das Land, in dem Milch, Honig – und jetzt auch Gas – fließen

Zwei Soldaten auf einem Schiff beobachten eine Ölplattform auf dem Meer.
Große Gasvorkommen versprechen Tel Aviv Energieunabhängigkeit. Doch sie bergen ein neues Sicherheitsrisiko.

Eine Meldung hat es in den vergangenen Tagen in fast allen israelischen Medien auf die Titelseiten geschafft. Zum ersten Mal ist es gelungen, eigenes Erdgas an Land zu pumpen. Von einer „Revolution am israelischen Energiemarkt“ war die Rede ( Israel Hayom), von Israels „Energie-Unabhängigkeitstag“ (Energieminister Silwan Schalom) oder gar von einem „Geschenk Gottes“ (Premier Benjamin Netanyahu).

Eine Karte zeigt Öl- und Gasfelder vor der Küste von Israel, Zypern, Türkei und dem Libanon.
Anfang der Woche gelangte zum ersten Mal Erdgas aus der riesigen Lagerstätte im östlichen Mittelmeer über eine kilometerlange Pipeline zum israelischen Festland. 255 Milliarden Kubikmeter Erdgas sollen im Tamar-Feld (siehe Grafik) lagern, das 2009 entdeckt wurde. Die dortigen Gasvorkommen seien so groß, dass damit der heimische Bedarf für ein bis zwei Dekaden gesichert sei, heißt es. Israel könnte – spätestens, wenn 2016 das fast doppelt so große Gasfeld Leviathan ans Netz geht – sogar Energie-Exporteur werden.

Die Regierung verspricht sich viel. Es hätte tatsächlich Auswirkungen nicht nur auf die wirtschaftliche, sondern auch die politische Lage Israels, wenn man künftig seine Energie ganz alleine produzieren könnte. Die Abhängigkeit von ägyptischem Gas wäre Geschichte, das zuletzt 40 Prozent des Bedarfs des Landes gedeckt hatte. Zumindest bis vor einem Jahr. Denn seitdem liegen die Gaslieferungen aus dem Nachbarland auf Eis. Nach dem Sturz des Despoten Hosni Mubarak, der mit eiserner Hand für Stabilität in der Region gesorgt hatte, kam es Dutzende Male zu Anschlägen auf die Sinai-Pipeline nach Israel. Der Grund – während in Ägypten die Gaspreise stiegen, wurde der Rohstoff weiter billig an den jüdischen Staat verkauft – denn das galt als eine Art wirtschaftlicher Stützpfeiler für den Frieden.

Kaum Ersparnisse

Die neue Errungenschaft habe zwar „viele ökonomische Vorteile“, schreibt die Haaretz, „aber die Taschen der Israelis erreicht sie erst in vielen Jahren“. Die Produktionskosten würden durch das Gas aus dem Tamar-Feld zwar sinken, aber durch den Lieferungsstop aus Ägypten machte die Israel Elektrizitätsgesellschaft in den vergangenen Monaten Schulden, die es nun abzuarbeiten gilt. Den erhofften billigeren Strom wird es in Israel nicht so schnell geben. Haaretz schreibt sogar von einer Erhöhung von 6,5 Prozent.

Weil die Gasvorkommen im Tamar- und im Leviathan-Feld so tief liegen, wird die Förderung zudem besonders schwierig – und somit teuer.

Außerdem ist ein Streit um Seegrenzen vorprogrammiert. Keine der Linien, außer die mit Zypern, ist rechtlich abgesichert. Vor allem jene mit dem Libanon gilt als umstritten. Dort sitzt der große Feind Israels in der Regierung: die iranfreundliche schiitische Hisbollah. Sie hat mehrfach angekündigt, sich von Israel nicht ihr Gas „stehlen“ zu lassen. Berechtigt scheinen also die Ängste Israels vor Anschlägen.

Deshalb will die Regierung jetzt die Marine – die im Vergleich zu den Bodentruppen schlecht aufgestellt ist – ausbauen. Rund 600 Millionen Euro sollen laut Medienberichten in die Sicherheit der Gasfelder und der Pipelines gepumpt werden. Bis zu vier Kriegsschiffe und rund 300 zusätzliche Marinesoldaten will sich das Verteidigungsministerium leisten.

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