Am Sonntag, um Punkt 13.37 Uhr, tritt Dänemarks Königin Margrethe II. eine historische Reise an. Zwar sind es nur 1.500 Meter von Schloss Amalienborg bis Schloss Christiansborg. Doch es sind Margrethes letzte 1.500 Meter als Königin.
Ausgerechnet am Tag ihres 52. Thronjubiläums gibt die 83-Jährige als erstes Staatsoberhaupt Dänemarks seit 900 Jahren bereits vor ihrem Tod die Krone ab und verwandelt damit ihren Sohn von Kronprinz Frederik zu König Frederik X.
Darum die Reise: Auf Schloss Amalienborg residiert die Königin, auf Schloss Christiansborg die Ministerpräsidentin. Und bei letzterer findet sich der aus der Monarchin, dem 55-jährigen Kronprinzen und der Regierung bestehende Staatsrat zusammen, in dessen Gegenwart die Königin ihre Abdankungsurkunde unterzeichnen muss.
Monarchie-Fans, die sich danach eine prunkvolle Krönung wie bei den britischen Royals vorstellen, müssen an dieser Stelle stark sein: Im kühlen Norden verfährt man hier weitaus unromantischer. Frederik wird durch simple Proklamation durch Regierungschefin Mette Frederiksen zum Zehnten. Immerhin wird die Königin ihre letzte Fahrt als solche aber in einer prunkvollen Kutsche absolvieren.
Die Hauptstadt rechnet mit riesigem Andrang
Die Proklamation erfolgt plangemäß unmittelbar nach der formalen Abdankung um 15 Uhr auf dem Balkon des Schlosses, anschließend wird Frederik zum ersten Mal als König zu seinem Volk sprechen. Erwartet wird, dass mehr als 100.000 Menschen die Straßen Kopenhagens säumen werden, Zug- oder Flugtickets in die Stadt sind für das Wochenende praktisch nicht mehr zu bekommen.
Die nunmehr ehemalige Königen Margrethe wird zum Zeitpunkt der Rede ihres Sohnes bereits wieder auf Amalienborg weilen und kann sich aus der ersten Reihe ansehen, wie die königliche Flagge auf ihrem Palast eingeholt und auf Frederiks Palast nebenan gehisst wird.
Einmal Königin, immer Königin
Dass die längst dienende Monarchin der Welt in ihrer Silvesteransprache ihre Abdankung ankündigte, kam für die Däninnen und Dänen durchaus überraschend. Hatte Margrethe in der Vergangenheit doch immer wieder gesagt, „ich bleibe auf dem Thron, bis ich umfalle“.
Ihr Volk habe sich aber schnell mit ihrer Entscheidung abgefunden und sei froh, dass sie ihnen erhalten bleibt, sagt die Königshaus-Expertin von Dänemarks öffentlich-rechtlichem Sender DR, Cecilie Nielsen. Margrethe darf weiter den Titel Königin tragen und das Königshaus bei offiziellen Anlässen vertreten.
Operation mit Nachwirkungen
Als Grund für ihren Sinneswandel nannte sie eine Rückenoperation im zurückliegenden Jahr, die sie zwar gut überstanden, die sie aber zum Nachdenken gebracht habe. Am Ende dieses Prozesses sei sie zu dem Schluss gekommen, dass es „an der Zeit ist, die Verantwortung an die nächste Generation weiterzugeben".
Dänischen Medienberichten zufolge soll sie nach der Operation gar mit dem Rauchen aufgehört haben – etwas, das aufgrund ihres berüchtigten Zigarettenkonsums für nahezu ebenso undenkbar gehalten wurde wie ihr vorzeitiges Abdanken.
Ihrem Sohn hinterlässt sie nun große Fußstapfen. Die überaus beliebte Königin ist nicht nur für ihr soziales Engagement und ihr künstlerisches Talent bekannt, sondern auch für ihre oftmals etwas unkonventionelle und direkte Art.
Kontinuität ist das zentrale Kriterium
Frederik ist zwar auch beliebt, gilt jedoch als eher scheu und nicht unbedingt als großer Redner. Ungeachtet dessen rechnet der Historiker Bo Lidegaard damit, dass Frederik X. wie seine Mutter eine stark einigende Rolle spielen wird, „weil er, wie der Rest der königlichen Familie, über den Unstimmigkeiten in der Gesellschaft steht."
Wobei ein Unterschied dann doch bereits feststeht: Hatte seine Mutter den menschengemachten Klimawandel noch 2020 in einem viel kritisierten Interview angezweifelt, gehört Frederik zu einer Generation junger Royals, die ihre Stellung nutzen, um mehr Klimaschutz einzufordern.
Wie echt ist das Familienglück?
Bei der Annäherung an seine neue Rolle als König wird er jedenfalls die Unterstützung seiner Familie brauchen. Die künftige Königin Mary, eine Bürgerliche aus Australien, und er sind seit bald 20 Jahren verheiratet und gelten offiziell als eingespieltes Team.
Es gibt allerdings auch hartnäckige Gerüchte um eine Affäre des Kronprinzen mit der mexikanischen Schauspielerin Genoveva Casanova. Erst im Oktober tauchten Paparazzi-Fotos der beiden in Madrid auf, wo Frederik in ihrer Wohnung übernachtet haben soll.
Casanova dementierte, das Königshaus blieb bei seiner Strategie, zu Gerüchten keine Stellung zu nehmen. Der Adelsexperte Phil Dampier hielt es im britischen Telegraph jedoch für möglich, dass sich Margrethe aus Sorge um das Scheitern der Ehe ihres Sohnes zur Abdankung entschied.
„Die Königin hat Mary immer als eine enorme Bereicherung angesehen“, sagte Dampier. Möglich sei daher, dass sie darauf hoffe, dass Frederik und Mary ihre Differenzen überwinden, wenn sie erst einmal König und Königin sind.
Eine neue Rolle wartet neben Frederik und Mary jedenfalls auch auf das älteste Kind des Paares, Christian. Durch die Proklamation seines Vaters wird der 18-Jährige automatisch zum Kronprinzen und als solcher zum offiziellen Stellvertreter des Königs sowie zum Mitglied des Staatsrates.
Auswirkungen bis nach Afrika spürbar
Doch nicht nur in Dänemark, den Färöern und Grönland ändert sich morgen einiges, auch im fernen Äthiopien wird sich der Thronwechsel bemerkbar machen - wenngleich nur auf symbolischer Ebene. In dem Moment, in dem Margrethe II. abdankt, wird nämlich die äthiopische Präsidentin Sahle-Work Zewde zum längst dienenden weiblichen Staatsoberhaupt der Erde.
Ihre Dienstzeit zu diesem Zeitpunkt: Fünf Jahre, zwei Monate und 15 Tage.
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