Brexit: Johnson schlägt unklare Übergangslösung für Backstop vor

Der britische Premier Boris Johnson
Der britische Premier Johnson will keinen Backstop, bleibt aber schwammig bei der Alternative.

Der britische Premierminister Boris Johnson hat eine Übergangslösung zur Gestaltung der Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland nach dem Brexit vorgeschlagen. In einem am Montag von seinem Büro veröffentlichten Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk stellt Johnson anstelle des sogenannten Backstops nicht näher definierte andere "Verpflichtungen" Großbritanniens in Aussicht.

Johnson schlägt vor, die Backstop-Regelungen zur irischen Grenze aus dem EU-Vertrag durch eben eine Verpflichtung zu ersetzen, nach der alternativen Lösungen so schnell wie möglich während einer Übergangsperiode eingeführt werden sollen. Johnson lässt in seinem Schreiben allerdings offen, wie diese alternativen Lösungen aussehen könnten.

Die Änderungen am Austrittsvertrag sollen nach Johnsons Darstellung einen ungeregelten Brexit Ende Oktober verhindern. "Ich hoffe sehr, dass wir mit einem Deal ausscheiden werden", schrieb der Regierungschef.

EU will keine Nachbesprechungen

Der von Johnsons Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandelte Brexit-Vertrag sieht vor, dass keine Grenzkontrollen an der irischen Grenze wiedereingeführt werden sollen. Um genaue diese Regelung wird in Großbritannien seit Monaten gerungen, musste der Brexit bislang immer wieder aufgeschoben werden. Aus Brüsseler Sicht müssten nämlich damit die EU-Regeln weiterhin im britischen Nordirland oder in ganz Großbritannien gelten. Dies lehnt Johnson ab und hat angekündigt, dass sein Land spätestens am 31. Oktober die EU verlassen werde - ob mit oder ohne Brexit-Vertrag.

Bisher lehnt die EU allerdings Nachbesserungen am Vertrag ab. Auf Johnsons Brief gab es am Montagabend auf Anfrage jedenfalls zunächst weder von Tusk noch von der EU-Kommission eine Reaktion.

Sollte es zu keiner Verständigung über den Backstop und in der Folge zu einem Brexit ohne Vertrag kommen, rechnen Experten mit konjunkturellen Einbrüchen.

Abfuhr von Varadkar

Johnson telefonierte aber am Montagabend fast eine Stunde lang mit dem irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar, wie Regierungssprecher in London und Dublin mitteilten. Auch ihm sagte Johnson den Angaben zufolge, dass das Austrittsabkommen ohne Änderungen nicht vom britischen Parlament gebilligt werde.

Varadkar bekräftigte seinerseits, dass der Vertrag nicht mehr geöffnet werden könne. Johnson telefonierte darüber hinaus mit dem finnischen Regierungschef Antti Rinne, der derzeit den Vorsitz der EU-Länder führt. Inhaltlich war danach aber ebenfalls keine Bewegung erkennbar.

Charmeoffensive in Europa?

Als nächstes will Johnson diese Woche mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris sprechen. Am Wochenende reist er zum G-7-Treffen ins französische Biarritz. Vorab besprach sich Johnson am Montag mit US-Präsident Donald Trump und unterrichtete ihn über den letzten Stand beim Brexit, wie die britische Regierung mitteilte.

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