Mitten im Krieg
Auch in Österreich beschäftigt man sich mit dem Thema des Wiederaufbaus – Außenminister Alexander Schallenberg nimmt an der Konferenz Teil, und im Haus der Europäischen Union in Wien wurde in Anwesenheit unter anderem Wilhelm Molterer, Ex-Vizekanzler und Direktor des Europäischen Fonds für strategische Investitionen, über einen „Marshallplan“ für die Ukraine gesprochen, an dem sich die Europäische Union beteiligen soll (Marshallplan war der Name der US-Hilfe für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, Anm.).
Wieso inmitten des Krieges schon vom Wiederaufbau sprechen? Durch das Vorausplanen solle auch die Moral gehoben und der ukrainischen Bevölkerung vermittelt werden, dass man auf ein Ende des Krieges setzt und sich auf dieses vorbereitet, sagte Thomas Kleine-Brockhoff, der stv. Vorsitzende einer Task Force des German Marshall Funds. Der Plan sei auch eine Geste, die Angst nehmen und Hoffnung bereiten solle.
Strategisches Vorgehen
So eine Planung sei auch Gelegenheit, europäische Integration weiter zu fördern, sagte Wilhelm Molterer – auch mit Blick auf die in Zeiten wachsender EU-Skepsis wichtige Demonstration von Einheit. Für die Europäische Union gebe es zudem das Potenzial für langfristige Investitionen. Und: Wer früh helfe, werde auch geopolitisch mit langfristig guten Kontakten belohnt.
Laut Angaben des Kieler Institut für Wirtschaft (IfW), haben EU-Institutionen der Ukraine innerhalb eines Jahres schon jetzt – nicht für Wiederaufbau, sondern akut und auch militärisch – insgesamt 35,5 Milliarden Euro Hilfe zur Verfügung gestellt. Fast noch einmal so viel kam von einzelnen EU-Mitgliedern. Ein weiteres Hilfspaket in der Höhe von 50 Milliarden Euro soll demnächst ausgestellt werden.
Österreich beschließt am Mittwoch, aus dem Auslandskatastrophenfonds des Außenministeriums weitere 18 Millionen Euro für die Arbeit von Hilfsorganisationen in der Ukraine und Moldau. Die bisher geleistete bilaterale finanzielle Unterstützung Österreichs übersteigt damit 150 Millionen.
Für den Wiederaufbau werden, so Schätzungen von der Weltbank und aus Kiew, zwischen 494 und 686 Milliarden Euro gebraucht.
Oligarchengeld
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat vor Längerem schon vorgeschlagen, für die Finanzierung des Wiederaufbau auch die weltweit eingefrorenen 328 Milliarden Euro an russischem Vermögen heranzuziehen zu finanzieren.
Juristisch heikel: Zwar ist das Einfrieren von Oligarchenvermögen möglich, die Verwendung aber nur in Fällen von schwerer, grenzüberschreitender Kriminalität (Terrorismus, Korruption) erlaubt. Russisches staatliches Vermögen steht unter zusätzlichem Schutz, da Russland als souveräner Staat über juristische Immunitäten verfügt.
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