Bayern: Trachtenverein sagt Oktoberfest ab
Er ist der große Auftritt der bayerischen Brauchtumspfleger, der Trachten- und Schützenzug, der traditionell am ersten Sonntag des Oktoberfestes stattfindet. Mehr als 9.000 Menschen zogen im vergangenen Jahr durch die Maximilianstraße zur Theresienwiese, präsentierten Dirndl, Lederhose, Otterfellhaube… Bayern.
Doch dieses Jahr ist alles anders. Schon jetzt rechnen die Wirte mit weniger Besuchern, die Reservierungen sind im Vergleich zu den Jahren zuvor deutlich zurückgegangen (der Kurier berichtete). Zum Dauerthema Preise (10,4 Euro sind dieses Jahr für eine Maß zu zahlen), sorgt nach den Anschlägen von Ansbach und Würzburg die potenzielle Terrorgefahr für Gesprächsstoff.
"Wollen nicht mittendrin sein, wenn ein Verrückter anfängt herumzuballern"
Ein Trachtenverein aus der kleiner Gemeinde Bernried am Stanberger See sagte aus diesem Grund sogar seine Teilnahme am traditionellen Trachtenzug ab. Für die Entscheidung musste der Verein viel Häme einstecken. In einem Interview mit Spiegel Online verteidigt Vereinsvorstand Hannes Düker nun die Absage - und zwar mit drastischen Worten. "Die überwältigende Mehrheit unserer Mitglieder fürchtet sich vor einem Anschlag", sagt Düker. "Sie wollen nicht mittendrin sein, wenn ein Verrückter anfängt herumzuballern."
Dass laut Münchner Polizei keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung vorliegen und das Sicherheitskonzept massiv ausgebaut wurde – so gibt es jetzt unter anderem ein Verbot für Rucksäcke, die Zahl der Ordner wurde verdoppelt –, lässt Düker nicht gelten. "Ich muss die Sorgen der Vereinsmitglieder ernst nehmen. Nach dem Amoklauf am Olympiaeinkaufszentrum hagelte es massiv Absagen - hauptsächlich von Familien, sodass beim Umzug kein einziges Kind dabei gewesen wäre."
Schade sei aber, dass der gesamte Aufwand, den der Verein betrieben habe, somit umsonst war. "Wir haben ein Vierteljahr lang an unserem historischen Festwagen herumgeschraubt, der mit aufwendigen Aufbauten mitfahren sollte - ein Motiv ist unsere Dorfkirche, und dann haben wir einen Fischerwagen, dekoriert mit Räucherkammer und Fangnetzen", sagt Düker im Interview mit Spiegel Online.
Privat will er die Wiesn übrigens nicht besuchen. Das hat jedoch andere Gründe. "Ich mag große Menschenansammlungen generell nicht." Sein letzter Wiesn-Besuch liege 36 Jahre zurück, sagt Düker. "Das war 1980, im Jahr des Oktoberfestattentats. Ich war 300 Meter entfernt von dem Ort, an dem die Bombe hochging..."
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