Autobombe vor Beerdigung Brahmis

Eine Menschenmenge umgibt einen Sarg, der mit der tunesischen Flagge bedeckt ist.
Die Gewalt eskalierte nach der Ermordung des Politikers. Ein Mensch starb.

Nur Stunden vor der Beerdigung des ermordeten tunesischen Oppositionspolitikers Mohamed Brahmi ist am Samstag in Tunis eine Autobombe explodiert. Der Sprengsatz war in einem Polizeifahrzeug versteckt. Bei dem Anschlag nahe einer Polizeiwache im Stadtteil Goulette ist niemand verletzt worden. Bei Demonstrationszügen jedoch setzte die Polizei am Samstag Tränengas ein.

Der Abgeordnete Brahmi wurde am Donnerstag in einem Vorort von Tunis vor den Augen seiner Frau von Unbekannten auf der Straße erschossen. Der 58-Jährige gehörte in der Verfassungsgebenden Versammlung dem linken, nicht religiösen Lager an und leitete die Partei "Bewegung des Volkes". Brahmi galt als erbitterter Gegner der Islamisten.

Der Mord hat im ganzen Land Demonstrationen von Anhängern und Gegnern der moderat-islamistischen Regierung ausgelöst. Dabei kam in der Stadt Gafsa im Süden des Landes ein Demonstrant ums Leben. Auch am Freitag gingen Tausende Oppositionelle in der Hauptstadt Tunis auf die Straße und forderten in einem Generalstreik die Absetzung der moderat-islamischen Regierung. Europäische Fluggesellschaften mussten fast alle Flüge in das nordafrikanische Mittelmeerland streichen. Die Flaggen in Tunis wehten auf Halbmast.

Beerdigung neben Belaid

Brahmi wurde am Samstag neben dem Grab des im Februar ermordeten Oppositionspolitikers Chokri Belaid beerdigt. Präsident Moncef Marzouki hat ein Staatsbegräbnis angeordnet. Der Sarg war mit einer tunesischen Fahne bedeckt und wurde von mehreren Militärfahrzeugen begleitet. Ein Hubschrauber kreiste über den Trauerzug.

Nach Angaben von Innenminister Lotfi Ben Jeddou wurden die beiden Politiker mit derselben Waffe erschossen. Der Minister machte eine radikale Salafistengruppe für die Attentate verantwortlich. Aus Protest kündigten 42 oppositionelle Politiker ihren Rückzug aus der von den Islamisten kontrollierte verfassungsgebenden Versammlung an, die insgesamt 217 Sitze zählt. Sie fordern eine Auflösung der Versammlung und die Bildung einer Regierung der nationalen Rettung. Ministerpräsident Ali Larayedh lehnt dies jedoch ab.

Die USA und Deutschland riefen die tunesische Regierung dazu auf, die junge Demokratie im Land zu verteidigen. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel verurteilte das Attentat auf Brahmi scharf und erklärte, Regierung, Opposition und Gesellschaft des nordafrikanischen Landes müssten am demokratischen Wandel festzuhalten. Die US-Regierung forderte die tunesische Regierung auf, umfassende Ermittlungen in die Wege zu leiten, damit die Täter zügig zur Rechenschaft gezogen werden könne.

Außenministerium warnt

Indes riet das österreichische Außenministerium Reisenden zu "erhöhter Vorsicht". "Aufgrund der Ermordung des tunesischen Oppositionspolitikers Mohamed Brahmi (...) ist ab sofort mit Unruhen und Demonstrationen zu rechnen. Es ist daher erhöhte Vorsicht anzuraten", hieß es am Freitag auf der Homepage des Ministeriums. Eine partielle Reisewarnung gilt für alle Saharagebiete. Ein "erhöhtes Sicherheitsrisiko" bestehe im Zentrum von Tunis und anderen größeren Städten im Falle von Demonstrationen und Massenansammlungen, so das Außenministerium. Der für das gesamte Land bestehende Ausnahmezustand sei bisher nicht aufgehoben worden. Terroristische Anschläge seien nie ganz auszuschließen. Es wird zu erhöhter Aufmerksamkeit insbesondere bei Menschenansammlungen sowie an stark frequentierten Plätzen und touristischen Anziehungspunkten geraten.

Aufgrund der derzeitigen Situation sollten Reisen bis auf weiteres auf die Hauptstadt Tunis und die Touristenorte, einschließlich Djerba, beschränkt bleiben. Reisen in die zentraltunesischen Landesteile sollten nur im Rahmen organisierter Touren durchgeführt werden, rät das Außenministerium.

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