Österreich schob 2013 über 1100 Syrer ab

Ein verletzter Junge steht vor einem Gebäude mit zerbrochenen Fenstern.
Gleichzeitig kündigte die Regierung Im August 2013 an, 500 Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen zu wollen.

Die katastrophale humanitäre Situation in Syrien wirft die Frage des Umgangs mit Flüchtlingen aus Kriegsgebieten auf. Erst letzte Woche veröffentlichte die UNO einen Bericht, der schwere Misshandlungen an Kindern in Syrien aufdeckt. Der Schutz von Zivilisten in der seit eineinhalb Jahren von der Armee eingeschlossenen Altstadt Homs - basierend auf einer in Genf gemachten Vereinbarung zwischen Rebellen und der Regierung - ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Bürgerkrieg hat nach Angaben von Aktivisten seit März 2011 mehr als 130.000 Menschen das Leben gekostet und Millionen weitere in die Flucht getrieben.

Dublin-II-Verordnung

Eine Frau mit Brille und dunkler Jacke spricht vor einer Europaflagge.
Johanna Mikl-Leitner verzichtete in der NSA-Debatte im Nationrat auf die Erwähung der NSA.
Österreich hat im vergangenen Jahr mehr als doppelt so viele Syrer abgeschoben als es zusätzlich aus dem Bürgerkriegsland aufnehmen wollte. Bis Ende November seien 1153 Syrer abgeschoben worden, teilte InnenministerinJohanna Mikl-Leitnermit. Im August hatte die Regierung angekündigt, 500 Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen zu wollen. Im Jahr 2012 waren 76 Syrer abgeschoben worden. Hauptgrund für die Abschiebungen ist die "Dublin-II-Verordnung", wonach EU-Staaten Asylbewerber in jenen Staat abschieben dürfen, in dem sie erstmals EU-Territorium betreten haben.

1800 Syrer mit Grundversorgung

Laut Innenministerium befinden sich derzeit rund 1800 Syrer in Österreich in Grundversorgung. Jene 1153 Syrer, die Österreich im Vorjahr verlassen mussten, wurden formell "zurückgeschoben", hieß es. "Zurückschiebungen" werden an Ausländern vorgenommen, die innerhalb von sieben Tagen nach einer illegalen Einreise in Österreich aufgegriffen werden. Damit sind auch die sogenannten "Dublin-Überstellungen" gemeint, also die Ausweisung von Flüchtlingen, die über einen EU-Mitgliedsstaat eingereist sind. Als "Abschiebung" bezeichnet das Innenministerium hingegen eine polizeilich begleitete und oder erzwungene Ausreise Fremder, gegen die eine Rückkehrentscheidung, ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist.

"Wie heiße Kartoffeln"

Die Grüne Nationalratsabgeordnete Alev Korun kritisierte im Ö1-Morgenjournal dieses "ineffektive" System. "Es darf nicht so sein, dass man sieht, der ist aus Syrien und wahrscheinlich ein Flüchtling, und trotzdem setzen wir ihn in einen Zug in ein anderes Land. Es hat gar keinen Sinn, Schutzsuchende wie heiße Kartoffeln hin- und herzuschieben."

Korun forderte die Ministerin auf, sich auf EU-Ebene für ein Ende von "Dublin II" stark zu machen. Stattdessen sollen die EU-Staaten gemeinsam die Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen tragen. Dies wäre auch ein Schritt zu mehr Solidarität. Aus dem Innenministerium hieß es, "Dublin II" stehe nicht zur Diskussion.

Schwerfälliger Aufnahmeprozess

Bis Jänner sind erst 160 der 500 syrischen Flüchtlinge, die Österreich zusätzlich aufnehmen wollte, ins Land gekommen. Die Aufnahme der Flüchtlinge erfolgt in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Die erforderlichen Absprachen mit der IOM werden seitens Österreichs als Erklärung für die anscheinende Schwerfälligkeit des Aufnahmeprozesses angeführt. Menschenrechtsorganisationen haben die Zahl von 500 Flüchtlingen als zu gering kritisiert.

Zweite Runde in Genf

Ohne Hoffnung auf einen schnellen Erfolg hat indes die zweite Runde der syrischen Friedensverhandlungen in Genf begonnen. UNO-Vermittler Lakdar Brahimi traf am Montag nach Angaben einer Sprecherin zuerst mit der Delegation der Opposition zusammen. Anschließend wollte er mit Vertretern des Regimes von Präsident Bashar al-Assad sprechen.

Nach Angaben aus Delegationskreisen setzte Brahimi zuerst das Thema Terrorismus auf die Tagesordnung. Außerdem wolle er über eine mögliche Waffenruhe sprechen. Am Wochenende waren in der Stadt Homs Hilsorganisationen unter Beschuss geraten, als sie Lebensmittel zu den dort von Regierungstruppen belagerten Menschen bringen wollen. Die Hilfslieferungen waren bisher das erste praktische Ergebnis der Friedensverhandlungen in Genf, die im Jänner begonnen hatten.

Frankreich kündigte vor diesem Hintergrund eine Resolution im UNO-Sicherheitsrat an, die den Zugang von Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung in umkämpften syrischen Städten fordern soll. Es sei "absolut skandalös", dass über entsprechende Maßnahmen schon lange diskutiert werde, die Bevölkerung aber weiter hungere, sagte der französische Außenminister Laurent Fabius am Montag im Rundfunksender RTL. "Deshalb werden wir gemeinsam mit anderen Ländern eine entsprechende Resolution einbringen." Fabius forderte, dass bei der am Montag vorgesehenen Fortsetzung der Syrien-Gespräche in Genf Fortschritte bei der Frage der humanitären Hilfe erzielt würden.

Saudi-Arabien forderte unterdessen eine Dringlichkeitssitzung der UNO-Generalversammlung zur Lage in Syrien. Der Vertreter des islamischen Königreichs bei den Vereinten Nationen in New York, Abdullah al-Muallimi, sagte der Zeitung Al-Sharq Al-Awsat (Montagsausgabe), dieser Forderung hätten sich mehrere Staaten angeschlossen. Die Generalversammlung solle vor allem über die humanitäre Situation und über die Menschenrechtsverletzungen in dem Bürgerkriegsland diskutieren.

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