"Asiens Angela Merkel" läutet Wende in Taiwan ein

Nach acht Jahren der Annäherung an China erlebt Taiwan eine Wende. Die Kandidatin der oppositionellen Fortschrittspartei (DPP), Tsai Ing-wen, gewann am Samstag die Präsidentenwahl mit deutlichem Vorsprung. Ihr Herausforderer Eric Chu von der bisher regierenden Kuomintang gestand seine Niederlage ein, während die Oppositionsführerin in der Auszählung mit mehr als 50 Prozent führte.
Die 59-jährige Juraprofessorin wird damit die erste Präsidentin der demokratischen Inselrepublik. Die bislang regierende Kuomintang, deren Politik als "china-freundlich" kritisiert worden war, erlitt eine verheerende Niederlage. In seiner Rede kündigte Chu seinen Rücktritt als Vorsitzender der Kuomintang an. Abgeschlagen lag auch der dritte Kandidat James Soong von der kleinen Volkspartei (PFP).
Der Wahlsieg der Vorsitzenden der Fortschrittspartei, die ihre Wurzeln in der Unabhängigkeitsbewegung hat, könnte Spannungen mit der Führung in Peking auslösen. Die Kommunisten betrachten Taiwan nur als abtrünnige Provinz und drohen mit einer gewaltsamen Rückeroberung. Anders als ihr Vorgänger Ma Ying-jeou, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten durfte, will die künftige Präsidentin eher auf Distanz zu Peking gehen und die Eigenständigkeit Taiwans betonen.
China löscht schon
Unmittelbar nach Verkündung von Tasis Sieg hat China die Politikerin aus dem sozialen Netzwerk Weibo gelöscht. Die Zensurbehörde bemühte sich am Samstag, auch weitere Einträge zu der chinakritischen Politikerin im Internet zu blockieren.
Bei der Suche nach "Tsai Ing Wen" oder " Wahlen in Taiwan" erschien lediglich die Mitteilung, dass gemäß den geltenden Gesetzen die Ergebnisse der Suchanfrage nicht gezeigt werden könnten - ein Hinweis auf Zensur durch die Behörden. Diese löschen seit langem kritische Einträge im Internet und blockieren unliebsame Nachrichten. Westliche Internetdienstleister wie Facebook, Twitter und Google sind in der Volksrepublik ebenfalls nicht zugänglich.
Status Quo soll bleiben

Eines ihrer Vorbilder ist Kanzlerin Angela Merkel, die als Physikerin wie sie aus dem Universitätsbereich kommt: „Ihre Stärke ist nicht ihr Charisma in der Menge. Aber ihre Denkfähigkeit und Entschlossenheit sind es, die wir brauchen, um ein modernes Land zu regieren“, sagt Tsai in einem Fernsehinterview bewundernd über Merkels Qualitäten.
Kommentare