Amazon prüft Dachlandung

Bald kommt wieder die Zeit der romantischen Weihnachtsgeschichten, vom Christkind und vom Weihnachtsmann, wie sie durch die Luft fliegen und Geschenke bringen.
Kaum zu glauben, aber in einer Hinsicht könnten die Kindermärchen Realität werden, Pakete könnten tatsächlich bald durch die Luft angeflogen kommen. Auf der internationalen Drohnenmesse vergangene Woche in Las Vegas präsentierte Amazon sein ambitioniertes, neues Hauszustellungsprojekt. Pakete bis zu 2,2 Kilogramm will Amazon in weniger als dreißig Minuten ab Bestellung liefern. Drohnen sollen die Pakete im Garten vorm Haus abstellen. Und wie stellt sich Amazon die Lieferung in Städten vor? fragte der KURIER den für Innovation zuständigen Amazon-Vizepräsidenten Paul Misener. Sie seien sich bewusst, dass nicht jeder Kunde einen Garten hat, "aber jedes Haus hat ein Dach", antwortete Misener. Ein Datum, wann die Dachzustellung per Drohne realisiert werden soll, nannte er nicht.

Die Drohnenmesse in Las Vegas ermöglichte einen Blick in die Zukunft, was von der Drohnen-Technologie alles zu erwarten ist. Am weitesten ist der zivile Einsatz in der Landwirtschaft gediehen. Hier werden die mit Spezial-Kameras und Sensoren ausgestatteten Drohnen vor allem zum Datensammeln verwendet: Wie sieht der Boden aus? Welches Unkraut wächst? Wie steht es um die Feuchtigkeit? Machen sich Schädlinge breit? Wie weit ist der Reifeprozess? Die gesammelten Daten helfen, den Einsatz von Dünger, Schädlingsbekämpfungsmittel oder Bewässerung zu optimieren. "Das spart Geld und schont die Böden", sagt der Farmer Robert Blair. Seit 2006 bearbeitet er seine Farm mit Drohnen. Blair glaubt, dass Drohnen Unkraut bald nicht nur erkennen können, sondern es auch auszupfen werden. Und dass man sie auch zum Ernten von Früchten wird einsetzen können.
Alles ferne Science-Fiction? Sieht nicht ganz danach aus. Bayer-Chef Werner Baumann nannte diese Woche die enormen Fortschritte der Amerikaner beim "digitalen Farming" als einen zentralen Antrieb, warum die Deutschen 66 Milliarden Dollar für den Kauf des US-Agrarriesen Monsanto auf den Tisch legen.
Mit Visionen wurde auf der Drohnenmesse jedenfalls nicht gegeizt. Bereits zu sehen waren Drohnen, die auf der Wasseroberfläche schwimmen und zum Fischen eingesetzt werden können. Meeresforscher benutzt sie, um Geräusche von Walen einzufangen.
In Zukunft sollen Drohnen Dinge tragen, ergreifen und sogar Reparaturen durchführen können – etwa an Infrastruktur in schwer zugänglichem Gelände.
Die Verbindung von Drohnentechnologie mit Big Data, also der Vernetzung von Milliarden von Daten, könnte Drohnen auf selbstständige Missionen schicken – der denkende und fliegende Roboter wäre geboren.
Zuvor muss allerdings noch das Problem mit der Sicherheit im Luftraum gelöst werden. Selbst in den industriefreundlichen USA ist es derzeit verboten, Drohnen über Menschen und ohne Sichtverbindung zum Drohnenpiloten fliegen zu lassen.
Und noch ein anderes Problem bewegt die amerikanische Drohnen-Industrie: Dass sich dafür fast nur Männer interessieren. Bei einem Frauen-Netzwerk-Lunch, an dem der KURIER teilnahm, berichteten Frauen von Stereotypen. Jennifer, eine Drohnenforscherin, erzählte, dass sie auf jedem Kongress für die Ehefrau eines Forschers gehalten wird. Rose, Besitzerin eines Drohnen-Geschäfts, sagte, dass alle Kunden nur mit ihrem Mann reden, obwohl sie das Geschäft betreibt. Und Joanna, die Drohnen-Pilotenkurse auf der High School anbietet, berichtete: "Von zehn Anmeldungen sind neun Burschen."
Kärnten auf Digital-Kurs
In Kalifornien und speziell im Silicon Valley sind Österreicher aus Wirtschaft und Politik Dauergäste. Kommende Woche schaut Infrastrukturminister Jörg Leichtfried vorbei, letzte Woche war eine Abordnung aus Kärnten dort. "Diese Besuche sind enorm wichtig, denn sie schärfen den Blick für zukünftige Trends", sagt Außenwirtschaftsdelegierter Rudolf Thaler. So sei es für die heimische Zulieferindusrtie entscheidend, den Anschluss bei der Digitalisierung nicht zu verlieren. "Wer den digitalen Faden unterbricht, wird aus der Lieferkette ausgeschlossen", warnt Thaler.
"Die Digitalisierung der Wirtschaft geht schneller voran als gedacht", resümiert denn auch Kärntens Wirtschaftskammer-Boss Jürgen Mandl nach seinem High-Level-Besuchsprogramm u. a. an der Stanford University und beim Thinktank von McKinsey. "Da müssen wir bei unseren Betrieben in Kärnten mehr Gas geben." Im ganzen Bundesland werden gerade mit Hochdruck leistungsfähige Glasfaserkabel verlegt, "das ist die infrastrukturelle Basis", sagt Mandl. In Kärnten hängen immerhin 70.000 Arbeitsplätze am Export.
Noch etwas nimmt Mandl aus Kalifornien mit: Die Bestätigung für seinen Plan, in Klagenfurt einen Experimentier-Campus für Jungunternehmer einzurichten. Der Campus soll 2017 in Betrieb gehen und auch etablierten Betrieben dazu dienen, Start-ups mit Entwicklungen zu beauftragen.
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