Nicht wenige politische Beobachter in Deutschland warnen vor dem Herbst. Da stehen Landtagswahlen in gleich drei Bundesländern im Osten an – Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Doch die vielfach geäußerte Sorge, die im Osten besonders starke AfD könnte dabei einen dreifachen Erdrutschsieg einfahren, erhielt am Montag einen Dämpfer.
Bei den Kommunalwahlen in Thüringen, die als wichtiger Stimmungstest für den Herbst galten, legte die Rechtspartei zwar zu, blieb aber unter den Erwartungen. Dabei wurde in 13 der 17 Landkreise abgestimmt, in nur einem einzigen, Altenburger Land, landete ein AfD-Kandidat auf dem ersten Platz, muss aber noch in eine Stichwahl, weil er weniger als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte.
Insgesamt gehen AfD-Kandidaten in neun Landkreisen in Stichwahlen, achtmal als Zweitplatzierte. Dass sie überhaupt eine davon gewinnen können, gilt als unwahrscheinlich. Vor einem Jahr hatte die AfD im Thüringer Landkreis Sonneberg zum allerersten Mal in Deutschland einen Landratssitz besetzen können.
In den drei größten Städten Thüringens kam die AfD gar nicht in die Stichwahl: In Weimar holte die CDU satte 72 Prozent, in Jena wird die Stichwahl zwischen Kandidaten der CDU und der Linken, in der Landeshauptstadt Erfurt zwischen jenen der CDU und der SPD ausgetragen.
Der Jubel ist vor allem bei der CDU groß, die insgesamt mit 27,4 Prozent als stärkste Partei vor der AfD (26,1) landete. Doch auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der im September erneut bei den Landtagswahlen antritt, sprach davon, Thüringen hätte „den braunen Griff nach der Macht“ verhindert.
Skandal um Skandal
Die Thüringer AfD-Funktionäre, die im Voraus bereits die „blaue Welle“ ausgerufen hatten, gaben sich kämpferisch: „Das Ergebnis ist ein tolles, das lassen wir uns nicht schlechtreden“, meinte etwa Vize-Parteichef Torben Braga. Doch die Umfragen hatten noch vor wenigen Wochen ein deutlich besseres vorausgesagt.
Seither ist viel passiert, vor allem Skandale: In Münster wies das Oberlandesgericht den Einspruch der AfD ab, sie darf damit weiterhin vom deutschen Verfassungsschutz als „rechtsextremer Verdachtsfall“ behandelt und stärker überwacht werden als andere Parteien.
In Brüssel wurde ein Mitarbeiter des EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah festgenommen, weil er für den chinesischen Geheimdienst spioniert haben soll. Das war, bevor Krah in einem Radiointerview erklärte, "nicht jeder in SS-Uniform" sei ein Krimineller gewesen.
Und in Halle wurde der einflussreiche Chef der Thüringer AfD-Fraktion, Björn Höcke, dafür verurteilt, seinen Anhängern bei einer Rede eine Nazi-Parole („Alles für Deutschland“) zugerufen zu haben. Er muss eine Strafe von 13.000 Euro zahlen.
Höcke gilt, wie überhaupt die Thüringer AfD, als treibende Kraft des rechtsextremen Parteiflügels, lieferte sich mehrere interne Gefechte mit der nach außen hin gemäßigteren Bundesparteispitze um Tino Chrupalla und Alice Weidel.
Wie sich das enttäuschende Kommunalwahl-Ergebnis auf die nahende Landtagswahl in Thüringen auswirken wird, ist offen. In jüngsten Umfragen aus der Vorwoche lag die AfD jedenfalls noch relativ komfortabel auf dem ersten Platz. Vor einem blauen Ministerpräsidenten Höcke warnen politische Beobachter schon länger.
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