Luxusanlage ersetzt Kulturstätte: Ägypten baut Hotels auf heiligem Berg Sinai

Von Franziska Trautmann
Eingebettet in die gebirgige Wüste der ägyptischen Sinai-Halbinsel befindet sich einer der heiligsten Orte für Juden, Christen und Muslime. Der Berg Sinai und das Katharinenkloster vereinen nicht nur drei Weltreligionen, sondern ist auch der Ort, an dem laut der Bibel der Prophet Moses die zehn Gebote entgegennahm und Gott durch einen brennenden Dornenbusch zu ihm sprach. Aktuell rollen Bulldozer über die dortigen Dornenbüsche, statt der Kulturstätte soll ein Luxusresort mit Parkplätzen, Einkaufsbasar und sogar einem eigenen Flughafen hinkommen. Zumindest wenn es nach Ägyptens Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi geht.
Unesco und Griechenland rebellieren
Jahrelang haben sich Touristen mit einem einheimischen Beduinenführer auf den abgelegenen Berg Sinai gewagt, um das seit dem 6. Jahrhundert stehende griechisch-orthodoxe Katharinenkloster zu besuchen – bald können sie vom Luxushotel mit der Seilbahn rauffahren. Ägypten hat 2021 mit dem Bau des Megaprojektes begonnen und bewirbt es als „Ägyptens Geschenk an die ganze Welt und alle Religionen“. Im März eröffnete bereits das deutsche Hotelunternehmen „Steigenberger Hotels“ das Hotel Saint Catherine, weitere Unternehmen sollen bald folgen.
International beäugt man das Bauvorhaben kritisch. Bereits 2023 hat die Unesco ihre Bedenken geäußert und Ägypten aufgefordert, die Erschließungen zu stoppen, ihre Auswirkungen zu prüfen und einen Schutzplan zu erstellen. Bisher blieben die Forderungen unerhört.
Daneben hat sich nur Griechenland lautstark zu Wort gemeldet, da die griechisch-orthodoxe Kirche der Betreiber des Klosters ist. Im Mai 2023 entschied ein ägyptisches Gericht, dass sich das Kloster auf ägyptischem Staatsgebiet befinde und lediglich ein Nutzungsrecht habe. Zwar dürfen die Mönche im Kloster bleiben, an den Bauplänen ändert Griechenlands Einwand aber nichts. In einem Interview mit einer griechischen Zeitung erklärte Erzbischof des Katharinenklosters, Damianos, die Entscheidung sei ein „schwerer Schlag für uns und eine Schande“.
Staat walzt über Einheimische
Nicht nur das Katharinenkloster mit seiner Bibliothek, in der sich Handschriften von unschätzbarem Wert und Teile der ältesten vollständigen Fassung des Neuen Testaments befinden, ist gefährdet, sondern auch die Heimat der Beduinengemeinschaft des Jebeleya-Stammes. Ihre Häuser wurden abgerissen, stattdessen stellten die Bauarbeiter Öko-Camps für Touristen hin - entschädigt wurden sie dafür nicht. Noch dazu wurden sie gezwungen, Leichen aus dem örtlichen Friedhof auszugraben, um Platz für neue Parkplätze zu schaffen.
Der Luxuskomplex um den Berg Sinai ist Teil des „Great Transformation Projects“, ein staatliches Entwicklungsprogramm. Seit Präsident al-Sisis Machtübernahme 2013 hat das Militär massiven Einfluss auf Landwirtschaft, Bauwesen und Tourismus. Diese Entwicklung geht zunehmend auf Kosten religiöser Institutionen.
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