Volksentscheid in Berlin gescheitert: Stadt muss erst 2045 klimaneutral sein

Volksentscheid in Berlin gescheitert:  Stadt muss erst 2045 klimaneutral sein
Das Ziel, Berlin bis 2030 klimaneutral zu machen, wurde nicht erreicht: Der Volksentscheid nahm nötige Hürde von 25 Prozent Beteiligung nicht.

Der Volksentscheid für ehrgeizigere Klimaziele in Berlin ist gescheitert. Die nötige Mindestzahl von Ja-Stimmen sei nicht mehr zu erreichen, teilte die Landeswahlleitung am Sonntagabend kurz vor Abschluss der Auszählung mit.

Zwar waren um 19.20 Uhr noch nicht alle Wahllokale ausgezählt, aber fehlten allerdings noch rund 200.000 Stimmen für das notwendige Quorum von 607.000 Stimmen. Die sind bei der verbliebenen Zahl an auszuzählenden Stimmen nicht mehr erreichbar. Nach aktuellem Auszählungsstand hat eine knappe Mehrheit der Wähler (51,2 Prozent) für den Volksentscheid gestimmt.

Das Bündnis „Klimaneustart“ wollte erreichen, dass Berlin sich verpflichtet, bis 2030 und nicht wie bislang vorgesehen bis 2045 klimaneutral zu werden. Dafür hätte das Energiewendegesetz des Landes geändert werden sollen.

Die Unterstützer des Volksentscheids versammelten sich am Samstag vor dem Brandenburger Tor in Berlin zu einer Kundgebung mit verschiedenen Konzerteinlagen. Das musikalische Programm reichte von der deutschen Band Element of Crime über die Musikerin Annett Louisan, der Alternative-Rock-Band Beatsteaks bis hin zu Pianist Igor Levit.

Riesenaufgabe

Klimaneutralität bedeutet, dass keine Treibhausgase emittiert werden, die über jene hinausgehen, die zum Beispiel durch die Natur aufgenommen werden. Dafür müssten die klimaschädlichen Emissionen etwa von Verbrennerautos, Flugzeugen, Heizungen, Kraftwerken oder Industriebetrieben um etwa 95 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden.

Die Antwort auf die Frage, wie genau das bis 2030 in Berlin erreicht werden soll, überließ die Initiative bewusst der Politik. Die wichtigsten Stellschrauben sind bekannt: energetische Sanierung von Gebäuden, fossilfreie Energie- und Wärmeerzeugung, Ausbau des ÖPNV und emissionsfreie Autos vor allem mit E-Antrieb. Nötig wären dafür allein in Berlin Investitionen in zwei- oder dreistelliger Milliardenhöhe - unabhängig vom Jahresziel der Klimaneutralität.

Zum Vergleich: Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden. Die EU will bis 2050 soweit sein. Entsprechend viel Skepsis herrscht bei der Frage vor, ob Berlin das bereits bis 2030 schaffen kann. Die Initiatoren des Volksentscheids und ihre Unterstützer bei Umweltorganisationen, dem Mieterverein, Initiativen und in der Kulturszene, aber zuletzt auch bei Grünen und Linken bejahen das.

Berlin wäre im Falle eines "Ja" mit strengerem Klimaziel nicht allein dagestanden. Nach Angaben des Vereins German Zero visieren in Deutschland etwa 70 Städte das Ziel an, bis spätestens 2035 klimaneutral zu werden. Auf europäischer Ebene unterstützt die EU-Kommission 100 Kommunen, die bis 2030 an der „EU-Mission für klimaneutrale und intelligente Städte“ teilnehmen.

Die Abstimmung fand gerade mal sechs Wochen nach der Wiederholung der Berliner Abgeordnetenhauswahl statt - und fiel  mitten in die Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD. Beide Parteien wollen eine schwarz-rote Landesregierung bilden und kündigten bereits an, in den kommenden Jahren mindestens fünf Milliarden Euro für mehr Klimaschutz in der Stadt ausgeben zu wollen.

In Berlin gab es laut Wahlleitung bisher sieben Volksentscheide, denen nicht immer wie am Sonntag ein konkreter Gesetzentwurf zugrunde lag. Die letzten Abstimmungen 2021 über die Enteignung großer Wohnungskonzerne (ohne Gesetzentwurf), 2017 zum Weiterbetrieb des Flughafens Tegel (ohne Gesetzentwurf) und 2014 zum Erhalt des Tempelhofer Feldes (mit Gesetzentwurf) waren erfolgreich. Tegel wurde dennoch geschlossen.

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