Vorwurf des Betrugs: 120.000 Tschechen demonstrierten gegen Babis
Zehntausende Demonstranten haben am Dienstagabend die sechste Woche in Folge gegen Premier Andrej Babis und die neue Justizministerin Marie Benesova protestiert. Auf einer Kundgebung auf dem Wenzelsplatz in Prag, die von dem Netzwerk "Millionen Augenblicke für die Demokratie" veranstaltet wurde, forderten die Teilnehmer den Rücktritt beider Politiker.
Die Veranstalter bezifferten die Zahl der Demonstranten auf 120.000, der Wenzelsplatz war fast gefüllt. "Es gab schon genug Lügerei und Betrug", "Babis raus!", oder "Es ist uns nicht egal!", riefen die Demonstranten und forderten eine "unabhängige Justiz".
Anklage vorgeschlagen
Die Kritiker von Benesova befürchten, dass sie Druck auf die Staatsanwaltschaft wegen der strafrechtlichen Verfolgung von Babis ausüben könnte. Die Polizei hatte im April eine Anklage gegen den Premier im Zusammenhang mit der "Storchennest"-Affäre vorgeschlagen, in der es um angeblichen EU-Subventionsbetrug geht. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat darüber bisher noch nicht entschieden.
Die Kritik an Babis selbst wurde in der vergangenen Woche deutlich verstärkt, nachdem in tschechischen Medien ein interner Rechnungsprüfungsbericht der EU-Kommission veröffentlicht worden war. Babis wird vorgeworfen, als Regierungschef und Unternehmer in einem Interessenskonflikt gestanden zu sein. Babis soll immer noch Verbindungen zu Agrofert habe, obwohl er die Holding 2017 zur Verwaltung an einen Treuhand-Fond abgeben musste. Dem vorläufigen Bericht nach könnte die EU-Kommission sämtliche an die Agrofert-Holding gezahlten Subventionen zurückfordern.
Der EU-Bericht war auch Thema der Sitzung des Abgeordnetenhauses. Die Opposition kritisierte den Regierungschef scharf uns sprach über "niederschmetternde Informationen zu dem Interessenskonflikt von Babis". Der Regierungschef wies alle Vorwürfe als "politisch motiviert" zurück. Den EU-Bericht bezeichnete er als "zweifelhaft" und als eine "Attacke gegen Tschechien". Zu einer Rückzahlung von EU-Subventionen gebe es "absolut keinen Grund", weil er weder tschechische noch EU-Vorschriften verletzt habe.
Kommentare