100 Tage Protest in Georgien nach umstrittener Parlamentswahl

Zusammenfassung
- Seit 100 Tagen protestieren Menschen in Georgien gegen die Regierungspartei und fordern Neuwahlen sowie die Freilassung inhaftierter Demonstranten.
- Die Proteste begannen nach einer umstrittenen Parlamentswahl im Oktober, die von der Opposition als gefälscht betrachtet wird.
- Kritiker werfen der Regierungspartei einen zunehmend autoritären Kurs vor, was zu internationalen Sanktionen führte.
Seit 100 Tagen demonstrieren Menschen in der Südkaukasusrepublik Georgien gegen den Kurs der Regierungspartei Georgischer Traum. Sie fordern Neuwahlen und die Freilassung inhaftierter Demonstranten. Außerdem wollen sie das Land wieder auf einen proeuropäischen Kurs bringen. Zum 100. Protesttag mobilisierten Aktivisten erneut über soziale Medien, um am Freitagabend die zentrale Hauptstraße Rustaweli-Prospekt in der Hauptstadt Tiflis zu blockieren.
Die Protestwelle begann nach einer umstrittenen Parlamentswahl im Oktober, als die Regierungspartei einen Sieg zugesprochen bekam. Die Opposition erkannte das Ergebnis nicht an, sprach von Wahlfälschung und boykottiert jetzt das Parlament. Massenproteste löste Ende November eine Ankündigung von Premier Irakli Kobachidse aus, mögliche EU-Beitrittsgespräche bis Ende 2028 aufzuschieben.
Regierungspartei verfolgt zunehmend autoritären Kurs
Die Regierungspartei sitzt ohne die gewählte Opposition im Parlament. Kritiker werfen ihr einen zunehmend autoritären Kurs vor. Von den Protesten zeigt sie sich wenig beeindruckt. Anfang der Woche billigte das Parlament in erster Lesung eine Neuauflage eines umstrittenen Gesetzes, mit dem ein angeblich ausländischer Einfluss auf die Zivilgesellschaft beschränkt werden soll.
Laut einem Bericht im Auftrag des Europarats verschlechterte sich die Situation für Pressevertreter im vergangenen Jahr in keinem Mitgliedsstaat so drastisch wie in Georgien. Bei den Protesten kam es zu Ausschreitungen, Hunderte Menschen wurden festgenommen. Die Opposition warf der Polizei Gewalt und Folter vor. Mehrere europäische Staaten und die USA haben deshalb Sanktionen gegen die politische Führung in Tiflis verhängt.
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