Netzkosten senken, Lasten fair verteilen

Zwei Arbeiter inspizieren mit Stangen eine Hochspannungsanlage.
Netzbetreiber werden wie gewinnorientierte Firmen behandelt – obwohl sie größtenteils öffentlich sind. Ein Gastkommentar von Joel Tölgyes.

Die Kosten für den Betrieb und Ausbau der Stromnetze werden über Entgelte von den Stromkundinnen und Stromkunden getragen. Getrieben durch den notwendigen Netzausbau werden sich die Netzkosten in den kommenden Jahren mehr als verdoppeln. Dieser Umstand treibt nun auch die österreichische Bundesregierung um, denn höhere Netzentgelte belasten Haushalte und Wirtschaft.

Bundeskanzler Stocker hat im Sommergespräch einen privaten Infrastrukturfonds ins Spiel gebracht. Dieser solle privates Kapital „anlocken“ und die Netzkosten senken. Was im ersten Moment innovativ klingt, kann die Netzentgelte allerdings nicht senken. Denn die hohen Netzkosten entstehen auch deshalb, weil Netzbetreiber wie gewinnorientierte Firmen behandelt werden – obwohl sie größtenteils öffentlich sind. Die regulatorisch festgelegte Rendite ist dadurch höher als nötig. Ein privater Fonds würde das Problem verschärfen, weil man sich tatsächlich private Profitinteressen ins Boot holt. Die Netzkosten sinken so nicht. Sinnvoller wäre es, wenn der Staat seine günstigen Finanzmarktkonditionen an die Netzbetreiber weitergibt und etwa die Abschreibedauer verlängert. Bis 2040 würden wir uns damit mehr als 8 Milliarden Euro an Netzentgelten sparen.

Joel Tölgyes.

Joel Tölgyes.

Erzeugerbeteiligung

Neben einer Senkung geht es auch um eine faire Verteilung der Kosten. Bisher tragen die Verbraucherinnen und Verbraucher 94 Prozent der Netzkosten, Erzeuger nur 6 Prozent. Dabei sind Erzeuger ebenso auf ein funktionierendes Netz angewiesen. Die hohen Gewinne der letzten Jahre wären ohne ein leistungsfähiges Stromnetz nicht möglich gewesen. Die von der Regierung geplanten Erzeugerentgelte sind deshalb ein Schritt in Richtung Verursachergerechtigkeit.

Sie sorgen dafür, dass alle, die von dem Netz profitieren, einen fairen Beitrag leisten. Das entlastet gleichzeitig Unternehmen und Haushalte. Wenn Erzeuger einen größeren Brocken schultern, dann sinken die Netzentgelte für Verbraucher:innen automatisch. Als Beispiel: Würden die Erzeuger die Hälfte der Netzkosten tragen, dann sinken die jährlichen Netzentgelte für einen durchschnittlichen Haushalt um rund 170 Euro.

Fokus auf den Kleinen

Der Energiewirtschaft gefällt diese Idee logischerweise weniger. Sie hat deshalb erfolgreich den Fokus der öffentlichen Debatte auf die „kleinen Photovoltaik-Anlagenbetreiber“ gelenkt. Was mit einer einfachen (und wichtigen!) Ausnahme im Gesetz lösbar ist, sollte aber den Blick auf die dadurch ausgelöste Entlastung bei sämtlichen Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht verstellen.

Die Energiewende ist eine Investition in eine günstigere und unabhängige Energiezukunft. Bis wir die Früchte ernten können, müssen wir Geld in die Hand nehmen. Die Regierung muss aber dafür sorgen, dass dieses effizient verwendet wird und dass die Lasten fair verteilt werden. Vorschläge dafür liegen am Tisch.

Zum Autor:

Joel Tölgyes ist Energieexperte bei der Arbeiterkammer Wien und lehrt an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Kommentare