VW ID.3 im Check: Monumental oder Mittelmaß?
Laut VW ist dieses Auto ein interner Meilenstein wie einst Käfer und Golf: Die Rede ist vom ID.3, der auf der IAA in Frankfurt (noch bis 22. September 2019) offiziell enthüllt wurde. Der ID.3 basiert als erster Volkswagen auf dem neu entwickelten Modularen E-Antriebs-Baukasten – kurz und prägnant MEB genannt. Auf dieser Basis wird bei gleichen Abmessungen wie beim Golf ein großzügiges Platzangebot versprochen.
Die Ziele von VW sind jedenfalls ambitioniert: Bis 2023 wird allein die Marke Volkswagen rund neun Milliarden Euro in die Elektromobilität investieren und in den kommenden zehn Jahren mehr als zehn Millionen Elektrofahrzeuge herstellen; mehr als 20 E-Modelle sind in Planung.
Ob der VW ID.3 einen guten Anfang darstellt, klären wir in unserer ausführlichen Sitzprobe.
So sieht die Zukunft aus, zumindest bei VW: Der ID.3 ist das erste von Grund auf konstruierte reine Elektroauto der Marke. Kein Wunder also, dass VW ihn im großen Stil auf IAA 2019 präsentiert.
Das Heck des VW ID.3 ist markentypisch ziemlich nüchtern gehalten. Mit Blick auf die Rückleuchten dürfte es gewisse Parallelen zum neuen Golf geben, der Ende Oktober 2019 vorgestellt wird.
Überall prangt am VW ID.3 das neue Markenlogo. Schlicht und reduziert passt es ganz gut zu dem eher weich gestalteten ID.3. Wie so oft bei VW ist der Grat zwischen ausgewogen und langweilig recht schmal. Allerdings muss die Marke bei den angepeilten Stückzahlen auf gefälliges Design setzen: In der finalen Ausbaustufe werden in Zwickau ab 2021 sechs Modelle auf MEB-Basis für drei Konzernmarken gebaut. Die Produktionskapazität wird von 300.000 auf 330.000 Fahrzeuge pro Jahr steigen.
Ein Blick auf die Felgen der 1st Edition: Sie sind betont aerodynamisch geformt.
Auffallend ist das große Reifenformat des hier gezeigten VW ID.3: 215/45 R20.
Vieles beim Design des VW ID.3 hat seine Gründe in einer optimierten Aerodynamik, so auch der große Spoiler oberhalb des Heckfensters.
Warum eigentlich ID.3? Nun, die ID-Elektroautos sollen in Zukunft eine Art Personalausweis der Marke sein. Die Ziffer 3 ordnet den Wagen in der Golf-Klasse ein. Polo-Klasse wäre 2, Up-Klasse 1.
Ist der VW ID.3 ein Wagen fürs Volk, wie es auf der B-Säule steht? Jein: Die Basisversion soll weniger als 30.000 Euro kosten. Doch ehe sie auf den Markt kommt, dürfte es noch länger dauern.
Auffällig am ID.3 ist das separate Seitenfenster auf Höhe des Armaturenbretts. So kommt noch mehr Licht hinein und lässt den Innenraum heller wirken, als er ohnehin bereits ist.
Und damit wären wir auch schon im Cockpit. Falls Ihnen die Farbgebung so gar nicht zusagt: Es gibt den ID.3 auch mit schwarzem Interieur.
Knöpfe im klassischen Sinn sucht man im VW ID.3 vergeblich. Jede Bedienung läuft hier über berührungsempfindliche Oberflächen oder Sprachsteuerung. Nur die Fensterheber und das Warnblinklicht werden noch mit haptischen Schaltern betätigt.
Neben dem Display im Cockpit liefert ein neu entwickeltes, zentral positioniertes Touch-Display mit einer Bildschirmdiagonale von zehn Zoll dem Fahrer alle wichtigen Informationen.
Auf dem relativ kleinen Monitor hinter dem Fahrer wird vor dem Start die elektrische Reichweite angezeigt. Der ID.3 wird zum Serienstart mit drei Batteriegrößen angeboten. Die Basisvariante hat einen nutzbaren Energiegehalt von 45 kWh und ermöglicht eine elektrische Reichweite von bis zu 330 Kilometern (WLTP). Der Einstiegspreis dieser ID.3 Version liegt bei unter 30.000 Euro. Darauf folgt eine Batterievariante mit 58 kWh wie hier im Bild; in diesem Fall bietet der ID.3 eine Reichweite von bis zu 420 Kilometern (WLTP). Der Energiegehalt der größten Batterievariante liegt bei 77 kWh, deren elektrische Reichweite bei bis zu 550 Kilometern (WLTP) liegt. Dank seiner Schnellladefähigkeit lassen sich beim ID.3 mit 100 kW Ladeleistung innerhalb von 30 Minuten rund 290 Kilometer Reichweite (WLTP) nachladen.
Und wo schaltet man? Ähnlich wie beim BMW i3 mit einer Art Wippe am Lenkrad. Dort steckt auch die Parkbremse.
Übersichtlich sind die Cockpitanzeigen allemal. Hier sehen wir die Geschwindigkeit und ob der Spurhalteassistent aktiviert ist.
Was im Cockpit angezeigt werden soll, steuert man über diese Touchtasten am Lenkrad. Lassen Sie mich meinen Eindruck so schildern: Ein wenig Übung schadet nicht.
Hier haben wir jetzt eine praktische Dreier-Ansicht aus Assistenz, Tempo und Navigation. Stets am gleichen Ort ist rechts die Anzeige der gewählten Fahrstufe.
Links neben dem Lenkrad befindet sich die Bedieneinheit für das Licht. Auch dort sind die Tasten berührungsempfindlich.
Die Basisausstattung des ID.3 First Edition umfasst ein Navigationssystem, ein DAB+ Digitalradio, Sitz- und Lenkradheizung, Armlehnen vorne, ein Mode 2-Ladekabel und 18 Zoll Alufelgen.
Der ID.3 First Edition verfügt zusätzlich über eine Rückfahrkamera, die automatische Distanzregelung ACC und das schlüssellose Zugangssystem Kessy Advanced. Im Innenraum ist der ID.3 First Edition Plus außerdem mit Designsitzen, einer Mittelkonsole mit zwei USB-C-Anschlüssen und Ambientelicht ausgestattet. Außen gehören getönte Scheiben, das Exterieur-Style-Paket in Silber, LED-Matrix-Scheinwerfer, Matrix-Stand-Brems-Blink-Rückleuchten und 19-Zoll-Alufelgen zum Ausstattungsumfang.
In der Top-Version, dem ID.3 First Edition Max, gehören zusätzlich das Augmented Reality (AR-) Head-up-Display (siehe Bild), das Soundsystem „Beats“, ein großes Panorama-Glasdach und 20 Zoll Aluräder zum Ausstattungsumfang. Hinzu kommen außerdem ein Spurhalteassistent mit Emergency Assist, ein Spurwechselassistent, Telefonie mit induktivem Laden und Komfortsitze.
Auf dem Lenkrad prangt groß das neue VW-Logo. Ist es schöner als bislang? Urteilen Sie selbst.
Während weiterer Touchbedienung am Lenkrad fällt auf: Die Lenkstockhebel sind konventionell.
Temperatureinstellung am Zentralmonitor. Hier ist Feingefühl gefragt. Für diese Funktion empfinde ich Drehregler sinnvoller.
Sie sehen es an den Beinen des Beifahrers: Das Platzangebot im VW ID.3 vermag zu überzeugen.
Wie bereits erwähnt: Konventionelle Bedienelemente gibt es noch in den Türen. Kritikwürdig ist die Qualität der Kunststoffe. Natürlich handelt es sich um Vorserienfahrzeuge, dennoch ist hier noch Luft nach oben.
Eher ein Gimmick: Pause- und Play-Symbole auf der Pedalerie.
Hier sehen wir es: Die hinteren Seitenscheiben lassen sich zwar elektrisch versenken, aber nur von den dort sitzenden Passagieren. Vom Fahrerplatz aus geht das nicht.
Klingt bequem: Das Ausstellungsfahrzeug aus der ID.3 "First Edition" hat vielfältig verstellbare ErgoActive-Sitze an Bord.
Ist bequem: An den Beinen der Messebesucher lässt sich bereits ablesen, wie geräumig der 4,26 Meter lange VW ID.3 ist.
Durch den langen Radstand des MEB-Layouts und sehr kurze Überhänge ergibt sich ein besonders großer Innenraum. MEB bezeichnet den Elektro-Baukasten für den ID.3 und seine Ableger. Tatsächlich finde ich mit 1,88 Meter Länge gute Platzverhältnisse vor.
385 Liter Kofferraumvolumen sind genauso viel wie beim noch aktuellen VW Golf. Überhaupt ähnelt der ID.3 in seinen Abmessungen dem Golf sehr stark, doch der ID.3 punktet mit seinen Batterien, die in den Fahrzeugboden integriert sind. So ergibt sich innen mehr Platz.
So sieht übrigens der ID.3 ohne "First Editon" mit gewöhnlicher Farbgebung aus. Die Auslieferung des ID.3 startet in Deutschland Mitte 2020. Der Preis des ID.3 "First Edition" mit 58-kWh-Batterie liegt bei unter 40.000 Euro.
Fazit: Der VW ID.3 könnte das Zeug zum Bestseller haben, schon allein durch die Marktmacht von VW in Deutschland. Letztlich dürfte der Durchbruch vom Preis abhängen. Hier hat VW bereits günstige Leasingraten angekündigt. Trotzdem müssen wir uns noch bis 2020 gedulden.
Natürlich soll es nach dem Willen von VW nicht beim ID.3 bleiben. Geplant ist in den nächsten Jahren eine ganze Elektroauto-Familie. Hier sehen wir vorne den ID. Vizzion im Passat-Format, dahinter den ID. Buzz als Neo-Bulli.
Der VW ID. Crozz dürfte das nächste Serienmitglied der ID-Familie werden. Als ID.4 soll er angeblich im Frühjahr 2020 debütieren.
Der ID. Roomz wurde als Studie erst 2019 gezeigt. Er spielt in der Liga eines heutigen VW Touareg.
Zu was die MEB-Plattform alles gut sein kann, demonstriert der ID. Buggy. Um ihn trotz niedriger Stückzahlen ab 2022 produzieren zu können, ist ein Drittanbieter im Gespräch.
Eine stromernde Familie: Alle VW-ID-Modelle auf einen Blick, ganz rechts der ID.R-Rennwagen. Man sieht, wie ambitioniert VW die Elektrozukunft plant. Ob sie aufgehen wird?
Kommentare