Volle Ladung in Minuten: Die schnellstladenden E-Autos am Markt

Der Porsche Taycan fährt der Konkurrenz mit sehr schnellen Ladezeiten fast davon.
Zusammenfassung
- 800-Volt-Technik ermöglicht bei Elektroautos wie Porsche Taycan und Hyundai Ioniq 5 ultraschnelle Ladezeiten von 10 auf 80 Prozent in rund 20 Minuten.
- Der ADAC hebt die Bedeutung der Ladekurve und Transparenz bei Ladeangaben hervor und fordert einheitliche Standards, besonders für Sommer- und Winterbetrieb.
- Immer mehr Hersteller setzen auf 800-Volt-Plattformen, wodurch künftig auch kompaktere und günstigere Modelle von kürzeren Ladezeiten profitieren sollen.
Ein kurzer Espresso, ein Blick aus dem Fenster der Raststätte – und schon ist das Elektroauto wieder für die nächste Etappe vollgeladen. Was vor wenigen Jahren noch eine Vision war, ist heute Realität: Dank 800-Volt-Technik schaffen es Fahrzeuge wie der Porsche Taycan Turbo, der Audi Q6 e-tron, der Hyundai Ioniq 5 und der Kia EV6, den Akku in nur rund 20 Minuten von 10 auf 80 Prozent zu laden. Bei optimalen Bedingungen fließt bis zu 320 Kilowatt Leistung. Diese Werte sind nicht nur bloße Zahlen, sondern ermöglichen eine neue Geschwindigkeit auf langen Strecken.
Der technische Clou: Die deutlich höhere Spannung im Vergleich zu den üblichen 400-Volt-Systemen halbiert die benötigte Stromstärke bei gleicher Ladeleistung. Das reduziert Wärmeentwicklung, erlaubt schlankere und leichtere Kabel, spart Material und fördert Effizienz. Im Ergebnis heißt das: kürzere Ladezeiten bei gleichzeitig geringerem Verschleiß.

Der Hyundai Ioniq 5 zählt zu den schnellsten Ladern am Markt.
Ladekurve beachten
Doch es kommt nicht allein auf die maximale Ladeleistung an, sondern auch auf die sogenannte Ladekurve. Diese ist ein Indikator dafür, wie schnell ein Fahrzeug über den gesamten Ladeverlauf Energie aufnimmt. Der ADAC hat dazu über 60 aktuell erhältliche Elektromodelle getestet und herausgefunden: Viele Wagen starten mit einer hohen Leistung, doch diese bricht im Verlauf deutlich ein. Optimal bleibt der Ladebereich zwischen 10 und 80 Prozent, darüber sinkt die Leistung bei fast allen Modellen. Die Ladeeffizienz ist in diesen Fällen oft besser, wenn nicht bis 100 Prozent geladen wird. Zudem kritisiert der ADAC die mangelnde Transparenz der Hersteller bei realitätsnahen Ladeangaben und fordert eine einheitliche Kategorisierung, besonders hinsichtlich der Ladeleistung im Sommer- und Winterbetrieb.

Die e-tron-Reihe von Audi setzt fast vollständig auf die 800 Volt-Technologie.
Technischer Fortschritt
Als Maß für Langstreckentauglichkeit definiert der ADAC ein Fahrzeug, das mindestens 300 Kilometer Reichweite fahren kann und in maximal 30 Minuten genug Energie für 200 Kilometer nachlädt. Dieses Kriterium erfüllen aktuell nur wenige Modelle, künftig sollen es allerdings mehr werden: Dank Plattformen wie der „Premium Electric“ von Audi und Porsche und der „E-GMP“ von Hyundai und Kia sollen neue Modelle der Hersteller in Zukunft konsequent auf 800 Volt ausgelegt sein.
Die schnellsten Lader
Beispiele für aktuelle 800-Volt-Modelle gibt es inzwischen in fast allen Fahrzeugklassen. Die Volkswagen Group war Vorreiter dieser Technik: Der Porsche Taycan und der Audi Q6 e-tron kombinieren extrem kurze Ladezeiten mit sportlichen Ambitionen. Auch der neue Porsche Macan Electric sowie die Audi-Modelle A6 e-tron und e-tron GT profitieren von dieser Architektur.
Die Hyundai-Motor-Group setzt mit dem E-GMP-Baukasten bei Hyundai Ioniq 5, Kia EV6 und Kia EV9 auf schnelle Ladeleistung und hohe Effizienz. Dieses Jahr folgen der Hyundai Ioniq 9 und der Kia EV9 GT als noch leistungsstärkere Varianten. In den USA nutzt General Motors seine 800-Volt-Plattform vor allem bei großen Pick-ups wie GMC Hummer EV, GMC Sierra EV und Chevrolet Silverado EV. Bei Tesla ist derzeit nur der Cybertruck mit dieser Spannung unterwegs, der luxuriöse Cadillac Escalade IQ ergänzt das Schnelllade-Portfolio aus Übersee.
Stellantis bietet mit dem Maserati GranTurismo Folgore und dem offenen GranCabrio Folgore gleich zwei exklusive Sportmodelle mit 800-Volt-Technik an. Aus China kommen ebenfalls spannende Vertreter: Xiaomis SU7 Max, Xpeng G6 und G9 mit bis zu 320 kW Ladeleistung sowie die Lotus-Modelle Eletre und Emeya. Lucid Motors setzt mit dem Air und dem kommenden Gravity SUV sogar auf eine noch stärkere 900-Volt-Architektur, während Bugatti Rimac mit dem Nevera mit 730 Volt und 1.914 PS den Maßstab für elektrische Hypercars setzt.
Ein weiterer Vertreter der 800-Volt-Technik ist der Smart #5. Das mittelgroße SUV verfügt über eine 100-kWh-Batterie und benötigt beim Schnellladen von 10 auf 80 Prozent weniger als 18 Minuten. Die Spitzenleistung liegt dabei im Bereich von rund 400 Kilowatt, im Durchschnitt werden etwa 219 kW erzielt. Möglich wird das durch die 800-Volt-Architektur in Kombination mit einer 4C-fähigen Batterie.

Der E-GMP-Baukasten der Hyundai Motor Group kommt auch in vielen neuen Kia-Modellen zum Einsatz.
Zukunftsspannung
Die 800-Volt-Technologie gilt in der Branche als wichtiger Schritt, um Ladezeiten von Elektroautos deutlich zu verkürzen, ohne bei Leistung oder Reichweite spürbare Abstriche zu machen. „Je höher die Spannung, desto mehr Energie lässt sich in kürzerer Zeit übertragen“, erklärt etwa das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in einer Analyse zur Ladeeffizienz.
Noch ist diese Technik vor allem in der Mittel- und Oberklasse etabliert, doch der Trend weist klar in Richtung kleinerer und günstigerer Modelle. Mehrere Hersteller, darunter Kia und Stellantis, haben angekündigt, bis Mitte des Jahrzehnts auch im Kompaktsegment auf 800 Volt zu setzen. Laut einer Marktprognose des Beratungsunternehmens McKinsey könnte der Anteil solcher Fahrzeuge am weltweiten Elektroautoabsatz bis 2030 deutlich steigen.
Mit der zunehmenden Verfügbarkeit schneller Ladestationen, die laut dem Bundesverband Elektromobilität „in den nächsten Jahren massiv ausgebaut“ werden soll, kann die Ladezeit künftig zu einem zentralen Unterscheidungsmerkmal am Markt werden.
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