BYD Tang: Zu siebent in 4,9 Sekunden auf 100 km/h

Zuerst zu den Eckdaten, die ausreichend beeindruckend sind: Der BYD Tang ist ein Siebensitzer, ein großes SUV mit spektakulärem, zu öffnendem Glasdach, Allrad und 519 rein elektrischen Pferdestärken.
Wenn Chinesen Auto fahren, sind sie dem Vernehmen nach oft im Stau, was bei 1,4 Milliarden Chinesen nicht verwundern kann, was aber zufolge hat, dass Autokäufer viel wert auf Gemütlichkeit legen. Das bietet der Tang im Überfluss, die Sitze vorne spielen alle Stückeln, Sitzheizung und Sitzkühlung und mehrere Massageprogramme in drei Intensitätsstufen und für den Fahrer auch noch eine Lenkradheizung samt 1-A-Soundsystem. Lauter Dinge, von denen ich nicht wusste, dass ich die unbedingt brauche und haben will. Auch in der zweiten Reihe gibt’s ausreichend Platz, wenn auch ohne Heizung und Massage, die dritte Reihe mit den Sitzen sechs und sieben ist nur etwas für die Schwiegermutter, wenn man die nicht leiden kann. Sonst sollten nur fitte Jugendliche mit ausreichender Mobilität ihrer Gliedmaßen hinten Platz nehmen. Übrigens haben fast alle Sitze Isofix-Befestigungen (der Fahrersitz nicht).
Motor & Reichweite
Lithium-Ferrophosphat-Akku mit 108,8 kWh und max. 170 kW Ladeleistung; 517 PS; Reichweite von 400 km bis 530 km. Bruttogewicht 3.200 kg; null auf hundert in 4,9 Sekunden
Abmessung
4,97 m lang, 1,95 m breit, 1,74 m hoch, Wenderadius 5,9 m, Kofferraum 940 bis 1.655 Liter
Extras, Kosten
72.390 Euro – es gibt nur die „Flagship“-Ausstattungsvariante mit Schiebedach und HUD

Wir durften den Tang – benannt nach einer der großen frühen chinesischen Dynastien vor 1.200 Jahren – bei einem Kurzurlaub ins Skigebiet Probe fahren. Bei der Bergfahrt musste Taylor Swift gebeten werden, für Stimmung zu sorgen. Und genau da hat sich der Spaß leider aufgehört: Alle modernen Autos sind ja etwas überentwickelt, sie können längst nicht nur Abstand und Spur halten, sie mahnen zur Rast, wenn man mehr als einmal gähnt, und sie wollen uns außerdem erziehen: Fährt man auch nur einen Stundenkilometer zu schnell, ertönt ein nerviges Signal. Das hat sich nicht BYD ausgedacht, muss man zur Ehrenrettung der Chinesen sagen, sondern die EU-Kommission, das EU-Parlament und die Regierungen der EU-Staaten, und gilt seit Juli 2024 für alle Neuwagen. Man kann diese Erziehungshilfe ausschalten, aber wie bei unbelehrbaren Teenager ist bei der nächsten Ausfahrt alles wieder wie zuvor, bereit zu nerven. Das könnte man eh auch verschmerzen – hätte der Tang nicht eine Besonderheit, die kaum auszuhalten ist.

Damit sind wir wieder bei Frau Swift. Der Tang erkennt nämlich genau, auf welcher Straße man gerade unterwegs ist und weiß, wie schnell man auf dieser fahren darf. Halt, das war jetzt gelogen. In Wahrheit hat der Tang etwa 70, 80, 90 Prozent aller Speedlimits auf den Straßen überhaupt nicht erkannt. Am Wiener Ring zeigte er mir 30 km/h als Limit an, in 30er-Zonen 20 km/h, auf Autobahnen und Landstraßen alles zwischen 80 und 255 km/h – kein Witz. Was wirklich fies dabei ist: Mit der fast durchgängig falschen Einschätzung der Tempolimits dreht der Wagen bei der Maßregelung alles, was grad aus den Lautsprechern kommt, für circa vier Sekunden ganz ganz leise. Taylor Swift, OE1-Morgenjournal, Milchbar-Podcast des KURIER und sogar jedes Telefonat. Schwer vorstellbar, dass Chinesen das super finden. Mag sein, dass man das am großen Touchscreen in der Mitte ausschalten kann. Ich bin offenbar zu wenig Techie und nach Minuten fluchend daran gescheitert.

Sonst? Der Tang ist ja ein bewährtes Model mit Facelift 2024, also frisch aus der Botoxklinik, mit schönem Design außen, luxuriösem Interieur und ausgezeichneten Fahreigenschaften, sehr gut abgestimmter Federung und mit 519 PS gast er auch mit sieben Insassen voll an. Außerdem hat er einen Akku mit über 100 kWh, und bei einem Verbrauch von 25 kWh/100 km gehen sich 400 Kilometer sicher aus, im Winter bekanntlich um 10 bis 20 Prozent weniger, wie bei allen anderen auch.
Also: Müssen wir uns vor dem Chinesen fürchten? Seine direkten Konkurrenten sind das Tesla Model X (viel teurer) oder der Nio ES8, der zwar billiger, bei uns aber nicht erhältlich ist. Übrigens sind auch die vergleichbaren Verbrenner (Audi Q7, BMW X5) teurer. Also ja, fürchten. Wäre da nicht dieses elende Piepsen.
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