Rekordfahrt im Windschatten des Mercedes-Flügeltürers
Es war der 19. Juli 1962, auf einem Autobahnstück in der Nähe von Freiburg. Der französische Radrennfahrer José Meiffret radelte im Windschatten eines Mercedes-Benz 300 SL über 200 km/h schnell. Es waren sogar 204,77 km/h. Ein Rekord, dem Meiffret lange nachgelaufen war.
José Meiffret wurde am 27. April 1913 in Boulouris-sur-Mer geboren. Seine Eltern starben früh und der junge José entdeckte bald seine Leidenschaft für den Radsport. Der berühmte Henri Desgrange, Gründer der Tour de France, gab ihm den Tipp, es mit dem Stehersport zu probieren. Dabei war er durchaus erfolgreich, der Zweite Weltkrieg beendete allerdings vorübergehend seine Aktivitäten. Nach dem Krieg entwickelte Meiffret eine besonderen Ehrgeiz darin, Geschwindigkeitsrekorde auf dem Rad aufzustellen. Zunächst fuhr er dabei hinter Motorrädern.
Von 1951 an suchte sich Meiffret Autos als Tempomacher, zumal sie schneller und größer waren und somit einen besseren Windschatten geben konnten. Die ersten Fahrten mit einem Talbot-Rennwagen waren nur bedingt zufriedenstellend, zumal bei dem Auto die Kurbelwelle brach und Meiffert gegen das abrupt verlangsamende Auto prallte. Noch schlimmer lief es für Meiffret 1952 bei einer Rekordfahrt auf der Rennstrecke von Monthlery (diesmal wieder hinter einem Motorrad). Er verunglückte er so schwer, dass man um sein Leben bangen musste.
Meiffret wurde wieder gesund, zog sich in ein Trappistenkloster zurück und schrieb sein erstes Buch. Auch korrespondierte er mittels Briefen mit seinen Freunden, darunter der berühmte Dichter Jean Cocteau.
Flügeltürer
1962 nahm er wieder einen Anlauf einen neuen Rekord aufzustellen. Nachdem sich der Talbot nicht bewährt hatte, suchte er sich einen Mercedes 300 SL, einen schnellen, aber auch bewährten Sportwagen, aus. Der "Flügeltürer" war 1954 auf dem Autosalon von New York präsentiert worden und war auf Drängen des aus Wien stammenden US-Autohändlers Max Hoffman entstanden. Der 215 -PS starke Sechszylindermotor machte den Benz 235 km/h schnell.
Um in diese Geschwindigkeitsregionen vordringen zu können, musste Meiffret sein Rad entsprechend modifizieren. Das Übersetzungsverhältnis lag bei 130 Zähnen am Kettenblatt zu 15 am hinteren Ritzel. Es war ein gewaltiges Kettenblatt, das der Franzose montiert hatte und zum Anfahren benötigte er die Hilfe eines Motorrads.
Der Mercedes 300 SL wurde von seinem Besitzer, einem gewissen Adolf Zimber, gesteuert. Meiffret kommunizierte mit ihm über eine Art Sprechrohr. Am Heck des Mercedes war neben einem großen Windabweiser noch eine Walze montiert, an der Meiffret dranbleiben musste. Wäre er mit annähernd 200 km/h plötzlich in den Fahrtwind geraten, hätte das verheerende Folgen haben können.
Für den schlimmsten Fall hatte Meiffret sogar einen kleinen Zettel bei sich eingesteckt. Darauf war folgendes zu lesen:
Für den Fall, dass ich sterbe, bitte ich die Zuseher, kein Mitleid mit mir zu haben. Ich bin ein armer Mann, Vollwaise seit dem elften Lebensjahr und ich habe viel erdulden müssen. Der Tod bereitet mir keinen Schrecken. Dieser Rekordversuch ist meine Art, mich zu verwirklichen. Wenn die Ärzte nichts mehr für mich tun können, begrabt mich an der Stelle neben der Straße, wo ich gestürzt bin.
Ein entsprechendes Handel sollte nicht notwendig werden. José Meiffret starb am 16. April 1983 eines natürlichen Todes.
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