Oliver Blume im "perfekten Sturm": Wie er VW und Porsche jetzt neu ausrichtet

Oliver Blume kam, sprach und überzeugte mit einer Vision. Der mächtigste Automanager der Welt, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen und Porsche AG, hat für den größten Autokonzern der Welt die Restrukturierung eingeleitet. Hat 75 Handlungsfelder für 13 Marken definiert. Bei den Elektro Tagen in Wien sagt er: „Wir sind mitten im perfekten Sturm. Aber: Es gibt auch enorme Chancen.“
Blume spricht gerne in Bildern: Es sei eine beschwerliche Wanderung mit vielen Etappen, man müsse losgehen, adaptieren, sich immer wieder neu orientieren. Und man müsse realistisch bleiben: Der VW-Konzern stehe „ohne Wenn und Aber zu den Klimazielen“. Jedoch sei das Verbrennerverbot 2035 nicht machbar. Es brauche einen Realitätscheck – „ich glaube daran, dass wir eine pragmatische Lösung, losgelöst von Ideologien, finden.“ Er will das Verbrennerverbot abwenden.

Bei den Elektro Tagen erklärt er seine Strategie für VW und Porsche.
Kehrtwende bei Porsche
Es ist ein kompletter Strategiebruch – vor allem für Porsche. Eine aus wirtschaftlicher Sicht längst fällige Notbremsung und Wende. Porsche, der ikonische Sportwagenbauer aus dem VW-Konzern, mit den vielleicht besten Autos der Welt, ist zum Patienten geworden. Die einstigen Traummargen des 911 sind dahin, die weltweiten Verkäufe schwächeln. In der großen Transformation der (europäischen) Automobilbranche trifft es wohl keine Marke härter – aus gleich mehreren Gründen.

Elektro-Cayenne in der Wüste – aber Verbrenner leben länger.
Multiple Probleme
Faktum ist, dass die Elektromobilität von den Kunden – gerade bei einem Sportwagenbauer wie Porsche – nicht so angenommen wurde, wie geplant. Noch immer ist der 911 das Maß aller Dinge. Porsche hatte mit dem Taycan ein E-Auto mit guten Verkaufswerten. Aber der große Hype um die E-Mobilität ist vorerst vorbei. Die Entscheidung, den Verkaufsschlager Macan in Europa nur noch vollelektrisch anzubieten, erwies sich als falsch – und werde korrigiert, sagt Blume. Hinzu kommen große Probleme mit dem Absatz in China: Dort ist der Verkauf von Luxusgütern generell rückläufig, chinesische Konsumenten greifen stärker zu Autos „made in China“. Aus den USA kam wiederum die Zollkeule – 15 Prozent auf europäische Autos belasten den Export. Dass Porsche, anders als VW, ausschließlich in Deutschland produziert, macht es nicht leichter.
Was kommt?
Hans Dieter Pötsch, Aufsichtschef Porsche Holding Salzburg, spricht von der Autoindustrie „als Leitindustrie, die jahrzehntelang Prosperität und Arbeitsplätze gesichert hat. Das wollen wir erhalten. Starr auf ein Ziel zuzusteuern, könnte gefährlich sein.“ Man stehe zur E-Mobilität, brauche aber mehr Zeit und Flexibilität. „Wir treiben die Transformation voran, aber nur mit einer strahlenden, europäischen Wirtschaft.“
Frühere Evaluierung
Die EU-Kommission zieht die Überprüfung der -Grenzwerte vor – sie soll nun noch heuer erfolgen. Kommissionschefin Ursula von der Leyen erklärte, ihre Behörde habe den Anliegen der Branche zugehört und Flexibilität eingeräumt, um soziale und wirtschaftliche Brüche zu vermeiden. „Wir werden Dekarbonisierung und Technologieneutralität miteinander verbinden.“
Andere Autochefs sehen diese neuerliche Diskussion um den Erhalt des Verbrenners kritisch. Sie sei kontraproduktiv und verunsichere Kunden und Industrie.
Und jetzt?
Porsche streicht seine Elektropläne rigoros zusammen und nimmt dafür Milliardenbelastungen in Kauf. Das ursprüngliche Elektrifizierungsziel von 80 Prozent bis 2030 kippte das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr. Ein geplantes Elektro-SUV, größer als der Cayenne, soll nun doch als Verbrenner und Plug-in-Hybrid auf den Markt kommen. Generell werden bei Porsche Modelle mit Verbrennungsmotor länger erhältlich sein und eine geplante Elektro-Plattform für die 2030er-Jahre wird „neu terminisiert“.
Insgesamt, so meldet Porsche, koste die Neuausrichtung allein heuer 3,1 Milliarden Euro. „Es wird ein harter und langer Weg, der unsere volle Konzentration und große Anstrengung erfordert“, sagt Oliver Blume, dessen Doppelrolle als VW- und Porsche-Vorstand oft kritisiert wird.
Beim Vortrag in Wien zeigt der Spitzenmanager allerdings, dass er den Grat zwischen den Konzernen mit Bedacht gehen kann. Während die Strategie für Porsche „zurück zum Verbrenner“ heißt, ist sie für die VW-Marken differenzierter: „Wir liefern in allen Segmenten, schaffen günstige Einstiegsmodelle für Europa und eine eigene Produktion in China mit mittlerweile 3.000 Entwicklern. Wir werden mit China-Speed und 40 Prozent weniger Materialkosten Autos bauen, um angreifen zu können.“ 30 neue Modelle sind nächstes Jahr allein für China geplant, 20 für Europa.
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