Vom einstigen Marktführer zum Außenseiter: Was ist bloß mit Nissan los?

Zusammenfassung
- Nissan rutscht erstmals seit 16 Jahren aus den Top 10 der weltweit meistverkauften Automarken und verzeichnet deutliche Absatzrückgänge, besonders in China und Japan.
- Experte Dudenhöffer sieht die Ursachen im Bruch mit Ex-CEO Ghosn, der Schwächung der Allianz mit Renault und fehlender Innovationskraft.
- Mercedes-Benz verkauft seinen Anteil an Nissan, während der japanische Hersteller mit neuen Modellen wie dem Ariya und Leaf auf eine Trendwende hofft.
Nissan erlebt einen dramatischen Abstieg auf dem globalen Automarkt. Laut Daten des Marktforschungsunternehmens MarketLines fiel der japanische Hersteller in der ersten Jahreshälfte 2025 weltweit hinter Konkurrenten wie BYD, Geely und Suzuki zurück und rutschte erstmals seit 16 Jahren aus den Top 10 der meistverkauften Automarken. Die weltweiten Verkäufe gingen um sechs Prozent auf 1,61 Millionen Fahrzeuge zurück, in China, dem größten Absatzmarkt, sanken sie sogar um 18 Prozent. Auch die heimischen Verkäufe in Japan erreichten mit dem niedrigsten Stand seit 1993 einen Tiefpunkt. Erst vor wenigen Monaten hatte das Unternehmen angekündigt, etwa 15 Prozent der Arbeitsplätze zu streichen und sich von sieben Werken weltweit zu trennen.
Das einst starke Standing von Nissan ist in wenigen Jahren drastisch geschrumpft. Noch 2017 gehörte das Unternehmen nach eigenen Angaben mit rund 5,77 Millionen verkauften Fahrzeugen zu den weltweiten Spitzenreitern. In der Allianz mit Renault führte der japanische Hersteller die Verkaufsstatistiken an und sicherte sich mit über zehn Millionen verkauften Fahrzeugen weltweit einen Platz an der Spitze, wie Forbes berichtete. Modelle wie der Qashqai wurden zum globalen Erfolg und erzielten allein im Jahr 2017 über 500.000 Verkäufe.
"Zu klein, um global eine Rolle zu spielen"
Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer, Gründer des CAR-Instituts, erklärt die Hintergründe für den Niedergang von Nissan: „Alles begann mit der Entlassung des damaligen CEOs Carlos Ghosn, der die Allianz mit Renault entscheidend prägte. Er war sehr extrovertiert und erfolgreich darin, das damals bereits stark gefährdete Unternehmen wieder auf die Beine zu bringen, Kostenprogramme umzusetzen und gemeinsame Plattformen mit Renault zu nutzen. Die japanische Seite fühlte sich von seinem Stil aber immer wieder auf die Füße getreten. Nachdem Ermittlungen gegen ihn eingeleitet wurden, wurde er faktisch vom Hof gejagt. Bei Renault kamen anschließend neue Manager, die das Engagement von Nissan schrittweise verkleinerten. Franzosen und Japaner verstanden sich zunehmend schlechter, gingen auf Distanz, und die Zusammenarbeit wurde Stück für Stück nach unten gefahren. Nach meiner Einschätzung existiert die Allianz heute kaum noch.“
Dudenhöffer ergänzt: „Nissan hat sich nie durch besonders innovative Modelle hervorgetan, sondern orientierte sich meist an dem, was andere bereits tun. Auch die Qualität entspricht nicht dem japanischen Spitzenstandard, den man etwa von Toyota kennt. Das Unternehmen ist mittlerweile zu klein, um im globalen Volumenmarkt eine relevante Rolle zu spielen. Mit Renault hätte das noch funktioniert, doch die Japaner haben sich letztlich selbst ein Eigentor geschossen, sitzen nun zwischen allen Stühlen und werden immer weiter in eine Nische gedrängt. Der Wettbewerb durch koreanische und insbesondere chinesische Marken verschärft die Lage zusätzlich.“

Der Leaf soll Nissan dabei helfen, zurück auf die Erfolgsschiene zu finden.
Mercedes springt ab
Parallel zu den schwachen Verkaufszahlen hat Mercedes-Benz seinen gesamten 3,8-Prozent-Anteil an Nissan verkauft. Die Aktien im Wert von rund 325 Millionen US-Dollar wurden zu einem Abschlag von etwa sechs Prozent veräußert, was den Nissan-Aktienkurs um über sechs Prozent sinken ließ. Mercedes begründete den Schritt mit der fehlenden strategischen Bedeutung der Beteiligung und einem allgemeinen Portfolioabbau.
Für Nissan bleibt die Hoffnung auf die angekündigte Modelloffensive. Neue Elektrofahrzeuge wie der Ariya und die Nachfolger der Volumenmodelle Qashqai und X-Trail sollen verlorene Marktanteile zurückgewinnen. Besonders der neue Leaf, der kommendes Jahr in einer komplett überarbeiteten Generation auf den Markt kommt, gilt laut eigenen Aussagen als zentraler Baustein. Seit seiner Einführung 2010 wurden über 650.000 Exemplare verkauft.
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