Verbrenner-Aus: So reagieren Experten, Politiker und Bevölkerung

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EU lockert Verbrenner-Ziele: So unterschiedlich fallen die Reaktionen aus der Politik, den Branchen und dem Volk aus.

Die Europäische Union plant nach aktuellen Informationen aus Brüssel eine Lockerung der bisher vereinbarten Klimavorgabe, die den Verkauf von Pkw mit Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2035 faktisch beenden sollte. Statt eines vollständigen Verbots soll künftig eine Reduktion der CO₂-Emissionen um 90 Prozent bei Neuwagen ab 2035 verpflichtend sein; ein 100-Prozent-Ziel für 2040 ist offenbar nicht mehr vorgesehen. Dafür müssten noch das Europaparlament und die Mitgliedstaaten zustimmen.

Politische Stimmen aus Deutschland

  • Manfred Weber (EVP): Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei begrüßt die geplante Aufweichung als realistische Anpassung. Er betont, dass es künftig um 90 Prozent Reduktion statt Verbotsziel gehe und dies möglichen Unsicherheiten in der Industrie Rechnung trage.
  • Markus Söder (CSU): Der bayerische Ministerpräsident wertet den Vorschlag zwar als "Bewegung in die richtige Richtung", kritisiert aber, dass eine Zulassung von bis zu zehn Prozent Verbrenner weiterhin möglich wäre. Er fordert ein schärferes Vorgehen und sieht Raum für weitere Verschärfungen im EU-Parlament.
  • Schwarz-rote Bundesregierung: In Berlin hat sich die Koalition zuletzt auf eine gemeinsame Linie zur Forderung nach Lockerungen geeinigt und will auf EU-Ebene für Ausnahmen und Flexibilität werben.
  • SPD: Teile der SPD zeigen sich offen für Verhandlungen über Ausnahmen, vorrangig zur Sicherung von Arbeitsplätzen, betonen aber zugleich, dass Klimaschutzziele nicht aus den Augen verloren werden dürfen.

Andere Parteien reagieren unterschiedlich: Während konservative und wirtschaftsnahe Kreise die Lockerung begrüßen, äußern sich Grüne und Linke kritisch bis entsetzt über eine Aushöhlung der Klimavorgaben.

Öffentliche Zustimmung

Mehrere repräsentative Umfragen aus Deutschland zeichnen ein klares Stimmungsbild: Eine Mehrheit der Bevölkerung lehnt ein striktes Verbrenner-Verbot ab:

  • Eine aktuelle Umfrage des ZDF-Politbarometers zeigt, dass knapp zwei Drittel (63 Prozent) der Deutschen eine Abkehr vom ursprünglichen Verbrenner-Aus unterstützen und auch nach 2035 noch Verbrenner-Neuzulassungen wollen.
  • Ähnliche Ergebnisse liefern DeutschlandTREND-Daten des ARD, wonach rund 67 Prozent der Deutschen ein Aus für Verbrenner-Neuwagen ab 2035 für falsch halten, mit durchgängig hohen Ablehnungsraten über verschiedene Alters- und Parteigruppen hinweg.

Stimmen aus der Branche

  • Ferdinand Dudenhöffer (Direktor des CAR-Center Automotive Research): Der deutsche Branchenkenner warnt seit Längerem vor einer Überdramatisierung des Verbrenner-Verbots und sieht die Diskussion zunehmend als kontraproduktiv an. Er argumentiert in einer aktuellen Aussendung, die Debatte über Ausstiegsdaten verzögere Investitionen und könne Konsumenten verunsichern; langfristig werde sich der Markt ohnehin stärker an technologischen und ökonomischen Realitäten orientieren.

Industrieverbände und Wirtschaftsverbände betonen indes Wettbewerbs- und Arbeitsmarktinteressen. Vertreter der deutschen Automobilwirtschaft und verbundener Branchen sprachen sich in den vergangenen Monaten wiederholt für eine Lockerung der bisherigen Verbrenner‑Vorgaben aus und argumentierten, dass harte Flottengrenzwerte und ein striktes Aus für Verbrennungsmotoren Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit der Branche mit sich brächten, berichtet Reuters.

Auch Experten aus Mobilitäts‑ und Umweltverbänden sowie Branchenforscher warnen vor Risiken einer Aushöhlung der bisherigen Flottengrenzwerte und des Verbrenner‑Verbots. In einem aktuellen Bericht äußerte die europäische EV‑Branche gemeinsam in einem offenen Schreiben an EU‑Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass jede Verwässerung der CO₂‑Ziele die Investitionssicherheit beeinträchtigen und den Übergang zu emissionsfreien Fahrzeugen verzögern würde. Argumentiert wurde, dass das Zulassen von Übergangstechnologien wie Plug‑in‑Hybriden oder "CO₂‑neutralen" Kraftstoffen Unsicherheit für Produzenten schaffen und den Wettbewerb zu China verschärfen könnte.

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