Müde am Steuer: Kaffee, Pause, Technik - was hält wach?

Zusammenfassung
- Sekundenschlaf ist oft unvorhersehbar und tritt häufig kurz vor dem Fahrziel auf.
- Typische Müdigkeitsvorboten wie Gähnen und unstete Konzentration werden oft ignoriert.
- Kaffee maskiert Müdigkeit nur, während Schlaf die einzige wirkliche Lösung gegen Übermüdung ist.
Viele Autofahrer kennen es: Die graue Straße vor sich, die Kilometer-bis-zum-Ziel-Anzeige am Navi, die nicht kleiner werden will und das Müdigkeitsgefühl, das immer höher kriecht. Und trotzdem: Man fährt weiter. Schließlich will man ankommen.
Auf den letzten Kilometern
„Die meisten Unfälle durch Sekundenschlaf passieren auf den letzten Kilometern vor dem Ziel“, erklärt Gerhard Klösch vom Institut für Schlaf-Wach-Forschung. „Sekundenschlaf ist eine Müdigkeitsattacke. Das Risiko dafür steigt mit der Länge der Fahrt, aber auch mit der Gesamtwachzeitlänge“, erklärt ÖAMTC Expertin Marion Seidenberger. Besonders auf langen Autobahnfahrten oder nach anstrengenden Arbeitstagen kann die Konzentration rapide sinken. Besonders gefährlich sind Nachtfahrten zwischen zwei und fünf Uhr morgens sowie zwischen 13 und 15 Uhr.
Bis zu fünf Prozent der tödlichen Unfälle, so die Unfallstatistik des BMI, haben Übermüdung als Ursache. Genau weiß man es aber nicht: Bei Sekundenschlafunfällen gibt es oft keine auswertbaren Spuren. Die Dunkelziffer könnte daher weit höher liegen.
Müdigkeitsvorboten
Zu den Hauptfehlern der Fahrer, so die Expertin, zählt das Missachten von typischen Müdigkeitsvorboten, also Körpersignalen wie vermehrtem Gähnen, einem starrer werdenden Blick oder dem plötzlichen Absacken des Kopfes. Ein absolutes Alarmsignal ist, wenn man sich an eben passierte Streckenabschnitte nicht mehr erinnern kann. „Zusätzlich kann Selbstüberschätzung eine Rolle spielen, wenn versucht wird, lange Fahrten alleine, ohne Pausen selbst durchzuführen“, sagt Seidenberger.
Laut einer Studie glauben 43 Prozent der Befragten, sie könnten den Zeitpunkt des Einschlafens sicher vorhersehen. Laut Schlafforschern ist dies aber falsch. Während des Sekundenschlafs müssen die Augen nicht einmal unbedingt geschlossen sein. Seidenberger: „Es kommt auch bei offenen Augen zum ungewollten Einschlafen.“
- Ausgeruht starten
- Eigene Chronobiologie kennen
- Längere Fahrt in Etappen planen
- Aktiver Beifahrer sein
- Fahrerwechsel anbieten
- Staus, Schlechtwetterfahrten, anstrengende Strecken einkalkulieren
- Sehr anstrengende Beifahrer leeren rascher das Energiekonto – mehr Pausen machen
- Gute Laune haben
- Fahrstrecke kennen und sich nicht nur aufs Navi verlassen, mitdenken
- Ablenkungen vermeiden – ein aktiver Beifahrer kann etwa Telefonate übernehmen
Hilft Kaffee?
Was tun, wenn man selbst merkt, dass es brenzlig wird? Helfen Kaffee, Engerydrinks, offene Fenster? Klösch: „Gegen Müdigkeit hilft ein Kaffee, Energydrink oder Powernap. Gegen Schläfrigkeit hilft aber ausschließlich Schlaf! Auch laute Musik, Frischluft oder Singen haben keine Wachhalte-Wirkungen.“ Übermüdung kann durch die Koffein-Wirkung nur maskiert werden – doch dadurch steigt die Gefahr einer Fehleinschätzung.
Im Rahmen der General Safety Regulation sind seit 2024 neu zugelassene Pkw mit Aufmerksamkeits- und Müdigkeitswarnung ausgestattet. Aber, so die Expertin: „Der Fahrer darf sich nicht auf diese Technik verlassen. Auch die besten Systeme können ausfallen.“ Am besten hilft maßvolle Routenplanung und Schlaf. Klösch: „Sekundenschlaf ist die Folge von hohem Schlafdruck, etwa, wenn man mehr als 14 Stunden wach ist. Um ihn abzubauen, ist Tiefschlaf notwendig.“
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