Öffis und Schulkinder: Vom Drängeln, Schubsen und elterlichen Sorgen

Zusammenfassung
- Bushaltestellen sind besonders unfallträchtig, weshalb erhöhte Aufmerksamkeit aller Verkehrsteilnehmer nötig ist.
- Im Schulbus gelten strengere Vorschriften wie Sitzplatzpflicht, Anschnallpflicht und spezielle Regeln für haltende Fahrzeuge.
- Eltern sollten mit ihren Kindern das richtige Verhalten beim Busfahren üben, und sichere Infrastruktur an Haltestellen ist entscheidend.
Die Schule geht los und - sofern die Eltern sich nicht als Taxi anbieten - heißt das für viele Schulkinder: Ab in die Öffis. Denn: Kinder gehen heute nicht mehr ganz logisch in die nächste Volksschule ums Eck, sondern müssen zum Teil weit fahren. Auch, weil man sich genau überlegt, in welche Schule man sein Kind (jedenfalls in Wien) gibt.
Erinnert man sich selbst an die Zeit im Bus, dann war das eigentlich nicht die schlechteste Sache. Klar, manchmal musste man rennen, um den Bus nicht zu verpassen. (Und manchmal verpasste man ihn noch.) Manchmal war es sehr lustig. (Und manchmal war der Busfahrer gerade dann überraschend schlecht gelaunt.)
Als Elternteil sieht man die Sache anders: Viel Verkehr, Kinder die drängeln, schubsen oder ohne zu schauen über die Straße rennen.
Die Verkehrssituation für die Kinder heute ist eine andere als die der eigenen Kindheit. Was früher normal war, überdenkt man heute drei Mal. Erstens, weil die Gefahren real sind. Und zweitens, weil man wohl auch vorsichtiger geworden ist. Und selbst das Handy - dieses praktische Ding, Dank dem man fast immer herausfinden kann, wo die Kinder sind - wird zur Gefahrenquelle: Nicht selten sieht man Kinder, die mehr auf ihr Telefon, als auf den Verkehr achten …
Gefahrensituation Bushaltestelle
Auch der Öamtc meldet: Haltestellen zählen zu den unfallträchtigsten Bereichen im Straßenverkehr. "Gerade morgens und nachmittags, wenn viele Kinder und Jugendliche unterwegs sind, ist die erhöhte Aufmerksamkeit aller Verkehrsteilnehmer gefragt", sagt ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé.
Häufig kommt es im Haltestellenbereich zu Konflikten bei der Vorrangregelung: Zwar haben Busse beim Verlassen der Haltestelle grundsätzlich Vorrang, befindet sich jedoch ein Auto unmittelbar daneben, darf der Bus trotz gesetztem Blinker nicht einfach losfahren. "Gefährliche Situationen lassen sich nur durch vorausschauendes Verhalten aller Beteiligten vermeiden", so Nosé. Er empfiehlt, im Haltestellenbereich stets langsam zu fahren, ausreichend Seitenabstand einzuhalten und auch jederzeit damit zu rechnen, dass Personen plötzlich über die Straße laufen.
Strengere Vorschriften im Schulbus
"Im Vergleich zum regulären Linienverkehr gelten in Schulbussen, bei gemieteten Omnibussen für Schulausflüge sowie Reisebussen strengere Vorschriften – das sollten Eltern und Schüler unbedingt wissen", meint ÖAMTC-Juristin Eva Unger. "So gilt im Schulbus etwa die 1:1-Regel: Jedes Kind benötigt einen eigenen Sitzplatz und darf diesen nicht mit anderen teilen. Auch Stehen ist während der Fahrt nicht erlaubt. Darüber hinaus besteht eine Anschnallpflicht. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Sicherung der Kinder liegt bei den Busfahrern sowie etwaigen Begleitpersonen oder – ab dem 14. Lebensjahr – beim Kind selbst."
Aufgrund der allgemeinen Sensibilisierung, vieler Vorsichtsappelle und demnach erhöhter Aufmerksamkeit läuft der Beginn des Schuljahres im Straßenverkehr zumeist relativ sicher ab. Auch das Üben des Schulwegs gemeinsam mit den Eltern ist den Kindern im September meist noch präsenter als ein paar Wochen nach Schulanfang: "Das spiegelt sich auch in der Unfallstatistik wider: Leider gibt es nahezu jedes Jahr im Oktober einen Anstieg bei den Schulwegunfällen", betont die ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.
Wirft man einen Blick auf die Jahre 2018 bis 2024 passieren durchschnittlich über 14 Prozent der jährlichen Schulwegunfälle mit Personenschaden Oktober. Das sind knapp drei Prozent mehr Unfälle als im September und fast vier Prozent mehr als im November. Seidenberger nennt auch weitere Gründe dafür, warum die Unfallstatistik Jahr für Jahr ausgerechnet im Oktober ansteigt: "Hektik und Verkehrsaufkommen nehmen meist zu, das Tageslicht wird langsam weniger und die Sichtverhältnisse schlechter als zum Schulstart. Auch die Fehleinschätzungen im Straßenverkehr steigen wieder an. Umso wichtiger ist es daher, den sicheren Schulweg mit den Kindern auch im Herbst wieder zu üben bzw. aufzufrischen, die Regeln zur Verkehrssicherheit regelmäßig zu thematisieren und mögliche neue Gefahrenquellen genau zu besprechen."
In regulären Linienbussen dürfen Kinder zwar stehen, sollten dabei aber unbedingt die vorhandenen Haltegriffe verwenden. "Allein aus Gründen der Verkehrssicherheit ist es aber ratsam, die angebotenen Sitzplätze und, sofern vorhanden, auch die Gurte zu nutzen", so die Expertin des Mobilitätsclubs. Sollte das Platzangebot knapp sein, dürfen sich drei Kinder (unter 14 Jahren) zwei Plätze teilen – allerdings wirklich nur dann, wenn sonst keine Sitzplätze mehr frei sind.
Übung macht den Meister – auch beim Busfahren
Generell kommt den Eltern eine wichtige Rolle zu: Sie sollten mit ihren Kindern Situationen rund ums Busfahren üben und dadurch Sicherheit vermitteln. "Dazu gehört etwa, beim Warten auf den Bus genügend Abstand zum Fahrbahnrand zu halten, beim Einsteigen darauf zu achten, dass keine Schnüre oder ähnliches in den Türen hängen bleiben, und nach dem Aussteigen mit der Straßenüberquerung so lange zu warten, bis der Bus wieder abgefahren ist. Ebenso wichtig ist es, Kindern zu erklären, dass Drängeln beim Ein- und Aussteigen gefährlich sein kann", rät Unger und betont: "Die richtigen Verhaltensweisen rund um öffentliche Verkehrsmittel sollten konsequent geübt werden, bis sie für die Kinder selbstverständlich sind."
Als Eltern muss man also Zeit und Geduld investieren, wenn die Kinder auch unabhängig unterwegs sein sollten. Und zwar nicht nur zu Schulbeginn, sondern auch unter dem Jahr. Und man muss ehrlich einschätzen können, wann das eigene Kind reif genug ist, sich der Herausforderung auch zu stellen.
Dass dennoch manchmal ein mulmiges Gefühl im Bauch der Eltern bleibt, gehört wohl leider zum Selbstständig-werden des Nachwuchses dazu.
* Sichtbarkeit bei Schlechtwetter und Dunkelheit: Wenn es regnet oder noch dunkel ist, sind Kinder mit reflektierenden Aufnähern oder Aufklebern an Kleidung und Schultasche deutlich besser sichtbar. Helle Kleidung allein ist zu wenig. Zudem muss man Kindern bewusst machen, dass sie nicht automatisch von anderen Verkehrsteilnehmern gesehen werden.
* Keine Ablenkung – Handy in die Schultasche: Wer im Straßenverkehr unterwegs ist, sollte voll konzentriert sein. Für den Schulweg heißt das: keine Ablenkung! Das Handy, wenn überhaupt eines mitgenommen wird, ist in der Schultasche. Genau wie Spielsachen, Bücher und anderes.
* Bei Verspätung keine Hektik: Die meisten Schulwegunfälle passieren zwischen 7 und 8 Uhr. "Besonders in der Früh ist es wichtig, nicht hektisch zu werden. Rechtzeitiges Aufstehen, stressfreies Fertigmachen sowie aufmerksam und konzentriert sein beim Verlassen der Wohnung. Kommt es zu einer Verzögerung, dann lieber einige Minuten später, aber dafür sicher ankommen", so ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.
* Alternative Wege bei Baustellen: Eltern sollten regelmäßig nachfragen, ob es Änderungen am Schulweg gibt und sich bei Bedarf um sichere Streckenalternativen kümmern – dabei sind Kreuzungen mit Ampel und Zebrastreifen zu bevorzugen. Der neue Weg sollte mit dem Kind dann einige Male trainiert werden.
* Hindernis versperrt Sicht: Versperrt ein Hindernis wie ein Lkw die Sicht auf die Kreuzung, sollte man am besten kurz abwarten, ob er wegfährt und die Sicht zum Queren wieder frei wird. Sonst ist es besser, eine andere, gut einsehbare Stelle zum sicheren Überqueren zu suchen. Dort dann stoppen, in beide Richtungen schauen, Zeit lassen, um gesehen zu werden – und nur dann queren, wenn frei ist. Niemals zwischen parkenden Autos hervorlaufen und plötzlich die Fahrbahn queren.
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