E-Mobilität: Antworten auf die zehn wichtigsten Fragen

E-Mobilität:  Antworten auf die zehn wichtigsten Fragen
Sind E-Autos umweltfreundlicher? Und woher soll der Strom kommen? Hier sind die neuesten Erkenntnisse zur E-Mobilität.

Die Anzahl von E-Autos hat sich in Österreich seit 2020 verdoppelt – mehr als 80.000 sind heute auf Österreichs Straßen unterwegs. Um wissenschaftlich fundierte Fakten in die Diskussion einzubringen, hat der Klima- und Energiefonds in Kooperation mit dem Umweltbundesamt und dem VCÖ (Verkehrsclub Österreich) Antworten auf die zehn wichtigsten Fragen zur E-Mobilität in einem neuen Faktencheck zusammengestellt. Nachfolgend ist die Essenz zu lesen. Über diesen Link kommt man zum ausführlichen Report.

1. Ökobilanz - Ist ein Elektroauto wirklich besser für die Umwelt?

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Elektroautos stoßen im Betrieb selbst keine Treibhausgase oder Luftschadstoffe aus und ermöglichen vergleichsweise lärmarme Mobilität. Im ganzheitlichen Technologievergleich ausschlaggebend sind aber auch jene Emissionen, die vor und nach dem Betrieb entstehen.

Die Lebenszyklusanalyse oder „Ökobilanz“ betrachtet den gesamten Weg von der Herstellung, über die Energiebereitstellung bis zur Entsorgung. Hier ergibt sich ein deutlicher Klimavorteil für Elektrofahrzeuge. Das gilt insbesondere dann, wenn der Strom für den Fahrbetrieb zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen stammt. In diesem Fall verursachen Elektroautos über das gesamte Fahrzeugleben um bis zu 79% weniger Treibhausgas-Emissionen als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Gänzlich frei von Treibhausgas-, Luftschadstoff- oder Lärmemissionen sind aber auch Elektroautos nicht und auch der Flächenbedarf ändert sich alleine durch den Technologiewechsel nicht.

2. Strombedarf - Woher soll der zusätzlich benötigte Strom für die E-Mobilität kommen?

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Der durchschnittliche Energieverbrauch eines Elektroautos ist je nach Fahrzeugsegment mit 14 bis 23 Kilowattstunden je 100 Kilometer um 67% bis 77% niedriger als jener eines vergleichbaren Fahrzeuges mit Verbrennungsmotor. Anders gesagt: ein Elektrofahrzeug braucht für dieselbe Strecke nur zwischen 23% und 33% der Energie eines Fahrzeuges mit Verbrennungsmotor.

Das auch deshalb, da bei Elektrofahrzeugen bei Bremsvorgängen die Bewegungsenergie, die andernfalls verloren ginge, wieder in Strom für den Akku rückgewandelt wird (Rekuperation). Umgekehrt werden technologiebedingt nur rund 30% der, in einem fossilen Kraftstoff enthaltenen Energie letztlich in Bewegungsenergie umgewandelt.

Gemäß den Plänen der Europäischen Kommission sollen ab dem Jahr 2035 nur mehr lokal emissionsfreie Pkw neu zugelassen werden. In Österreich soll dieses Ziel bereits fünf Jahre früher erreicht werden.

Laut aktuellen Untersuchungen des Umweltbundesamtes könnten dadurch im Jahr 2030 bis zu 1,6 Millionen vollelektrische Pkw, also rund ein Drittel des derzeitigen Pkw-Bestandes auf Österreichs Straßen fahren. Diese hätten einen Strombedarf von rund 4,6 TWh. Der aktuelle Jahresstrombedarf von rund 70 TWh würde sich dadurch lediglich um 6,6 % erhöhen. Eine vollständige Elektrifizierung der gesamten österreichischen Pkw-Flotte bis 2040 würde den heutigen Strombedarf um 21% erhöhen. 

Der Gesamtenergiebedarf im Verkehrssektor kann bei intensiver Elektrifizierung bis 2040 um knapp 60% reduziert werden.

Voraussetzung für klimaschonende Elektromobilität ist, dass der dafür benötigte Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Das ist ambitioniert aber machbar und hat mit dem Beschluss des Bundesgesetzes über den Ausbau von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – EAG) bereits begonnen. Aber natürlich sind auch hier die Möglichkeiten begrenzt. Hinzu kommt, dass erneuerbare Energie auch von anderen Sektoren verstärkt nachgefragt wird. Es sind daher zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um den Pkw-Verkehr zu verringern und den Anteil des öffentlichen Verkehrs, des Radfahrens und des Zu-Fuß-Gehens zu erhöhen.

3. Reichweite - Wie weit kann ich mit einem Elektrofahrzeug fahren?

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Die durchschnittliche Tageswegelänge liegt in Österreich bei rund 35 km und kann mit jedem heute verfügbaren Elektroauto problemlos mehrmals bewältigt werden. Tatsächlich sind moderne Elektroautos bereits mit Reichweiten von 450 km und mehr verfügbar. Die steigenden Energiedichten und fallenden Batteriepreise führen dazu, dass die erzielbaren Reichweiten weiterhin ansteigen.

Meist handelt es sich dabei um eine Herstellerangabe und die reale Reichweite kann im Winter um bis zu einem Drittel niedriger ausfallen. Dennoch eignen sich Elektroautos, unter anderem aufgrund der stetig wachsenden Zahl an Schnellladestationen im In- und Ausland, auch schon für die Mittel- und Langstrecke. Parallel wird das (Nacht-)Zugangebot stetig ausgebaut und die Alternative zur Nutzung des Pkw laufend verbessert. Und da Elektroautos mit kleineren Batterien nicht nur günstiger, sondern auch umweltfreundlicher sind, heißt die eigentliche Frage nicht mehr „Wie weit komme ich?“, sondern „Wie weit muss ich kommen?“.

4. Laden - Wo kann ich ein Elektroauto laden und worauf muss ich dabei achten?

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Mit der Elektromobilität ändert sich das Konzept des „Tankens“ an der Tankstelle. Das Laden des Elektrofahrzeuges wird zunehmend in den Alltag integriert. Zwischen 80% und 90% der Ladevorgänge erfolgen zuhause an der eigenen Ladestation – auch Wallbox genannt – oder am Arbeitsplatz.

Um die alltäglichen Ziele aufzusuchen und wieder zurück nach Hause zu kommen, legen die Österreicherinnen und Österreicher pro Werktag durchschnittlich 35 Kilometer zurück. Ein zwischenzeitliches Aufladen untertags ist damit in den meisten Fällen nicht notwendig.

Voraussetzung für das Laden eines Elektroautos ist die Verfügbarkeit eines Stellplatzes mit einem Stromanschluss für das Elektroauto. Bei Einfamilienhäusern ist diese Voraussetzung meist gegeben oder kann mit relativ geringem Aufwand erfüllt werden. Um auch das Laden in Mehrparteien-Wohnhausanlagen zu erleichtern, wurde Ende 2021 das Right-to-Plug im Wohnungseigentumsgesetz verankert. Dieses besagt vereinfacht gesagt, dass eine Einzelladestation mit einer Ladeleistung von bis zu 5,5 kW auch ohne explizite Zustimmung der weiteren Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer errichtet werden darf.

Die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladestationen und Ladepunkte in Österreich und ganz Europa steigt beständig. Österreich verfügt über eines der dichtesten Ladenetze in der Europäischen Union: Ende 2021 standen österreichweit mehr als 10.500 Ladepunkte, davon rund 15% Schnelladepunkte mit einer Ladeleistung von mehr als 22 kW zur Verfügung. Bei einem Fahrzeugbestand von 76.539 vollelektrischen Pkw am 31. Dezember 2021 entfallen damit auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt durchschnittlich zehn Pkw, die extern mit Strom geladen werden können.

 

5. Rohstoffe - Woher kommen die Rohstoffe für die Elektromobilität?

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Produktion und Betrieb eines Fahrzeuges erfordern unabhängig von der zugrundeliegenden Technologie immer den Einsatz endlicher Rohstoffe. Bei der Elektromobilität stehen die metallischen und halbmetallischen Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt im Zentrum des Diskurses. Bei den Rohstoffen für die Elektromobilität können heute aber Maßnahmen gesetzt werden, um die gegenwärtig diskutierten umweltrelevanten und sozialen Auswirkungen des Rohstoffabbaus zu minimieren: Durch die Wahl sowohl eines kleineren Fahrzeuges, als auch einer kleineren Batterie kann die Nachfrage nach den betreffenden Rohstoffen gesenkt werden. Außerdem enthält beispielsweise der Vorschlag für eine EU-Batterieverordnung wichtige Recyclingquoten. Zusätzlich wird durch globale Industrieallianzen zunehmend ein nachhaltiger, umwelt- und sozialverträglicher Rohstoffabbau forciert.

6. Kosten - Sind Elektroautos teurer als Autos mit Verbrennungsmotor? 

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Die Anschaffung von Elektroautos ist insbesondere aufgrund der Batteriekosten meist teurer als jene von vergleichbaren Autos mit Verbrennungsmotoren. Ein Gesamtkostenvergleich (Total Costs of Ownership) zeigt aber, dass der Kauf dank deutlich geringerer Betriebskosten innerhalb weniger Jahre zu Kostenvorteilen führt. Finanzielle Anreize helfen in der aktuellen Markthochlaufphase die derzeit noch höheren Anschaffungskosten auszugleichen. Neben den deutlich verringerten Energiekosten fallen auch andere Betriebsausgaben, etwa für Verschleiß und Wartung, geringer aus. Ein wichtiger Kostenfaktor ist die Batterie: Seit 2010 sind die durchschnittlichen realen Preise für einen Lithium-Ionen-Akku um 88% gesunken. Kostete im Jahr 2010 eine Kilowattstunde Batteriespeicher im Elektrofahrzeug noch ca. 900 Euro, lagen die Kosten im Jahr 2021 bei 112 Euro. Eine weitere Kostenreduktion ist zu erwarten.

7. Fuhrpark - Sind Elektrofahrzeuge auch für Betriebe und Gemeinden bereits wirtschaftlich?

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Zusätzlich zum positiven Image sind Elektroautos in Fuhrparks oft schon zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufes wirtschaftlich. Das ist teilweise auf Förderungen bei der Fahrzeuganschaffung und auf steuerliche Begünstigungen zurückzuführen. Der große Kostenvorteil ergibt sich aber insbesondere aufgrund der deutlich niedrigeren laufenden Kosten. Dieser Vorteil wurde bereits von vielen Unternehmen erkannt und zeigt sich unter anderem im raschen Anstieg der E-Fahrzeuge in den österreichischen Firmenflotten.

Eine Vorreiterrolle in der Beschaffung von Elektrofahrzeugen nimmt die öffentliche Hand ein. So sollen in Bundesministerien und deren nachgelagerten Dienststellen schon ab 2022 im Regelfall nur mehr E-Pkw und elektrische leichte Nutzfahrzeuge angeschafft werden.

8. Sicherheit - Wie sicher ist das Fahren mit dem Elektroauto? 

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Sicherheitsbedenken in Zusammenhang mit der Nutzung von Elektroautos betreffen meist das niedrigere Fahrgeräusch, die rasche Beschleunigung des E-Autos sowie das Brandverhalten und den Umgang mit der Batterie.

Die geringe Lautstärke von E-Fahrzeugen bei niedrigen Geschwindigkeiten ist ein wertvoller Betrag zur Lärmreduktion des Verkehrs. Um Verkehrsunfälle zu vermeiden, müssen Hybridelektro- und reine Elektrofahrzeuge bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten aber ein Warngeräusch aussenden.

Tatsächlich verfügen Elektrofahrzeuge bereits beim Anfahren über ein hohes Drehmoment. Somit ist eine, im Vergleich zum Auto mit Verbrennungsmotor raschere Beschleunigung aus dem Stand heraus möglich. Dem sollte mit einem verantwortungsvollen Fahrverhalten begegnet werden.

Die Brandsicherheit von Batterien bzw. Elektroautos ist ähnlich jener von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, wie bisherige Studien und Versuche zeigen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein Elektroauto grundsätzlich keine höheren Sicherheitsrisiken aufweist als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

9. Wirtschaft - Wie kann die österreichische Volkswirtschaft bestmöglich auf Elektromobilität vorbereitet werden?

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Der schrittweise globale Umstieg auf Elektromobilität bei Pkw geht mit einem erheblichen Strukturwandel innerhalb der Automobilindustrie einher. Für den Wirtschaftsstandort Österreich ergeben sich daraus bis 2030 ein zusätzliches Wertschöpfungspotential von 19% und ein zusätzliches Beschäftigungspotential von 21% bzw. 7.300 zusätzliche Arbeitsplätze. Dem vorausgesetzt ist eine rasche und umfassende Anpassung der heimischen Wirtschaft an die neuen Gegebenheiten. Diese Anpassung wird durch die in Österreich neu gegründete Austrian Automotive Transformation Plattform (AATP) vorangetrieben. Aber auch abseits der Automobilindustrie ergeben sich volkswirtschaftliche Vorteile durch Elektromobilität in allen Fahrzeugkategorien. Das umfasst etwa Einnahmen im Inland durch nationale Energieproduktion oder eine Reduktion der externen Gesundheits- und Umweltkosten aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe.

10. Neue Mobilität - Ist der Umstieg auf Elektromobilität alleine ausreichend?

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Voraussetzung für das Erreichen der nationalen und internationalen Klimaziele ist die Reduktion des Energiebedarfs, die Maximierung der Energieeffizienz sowie der Einsatz erneuerbarer Energie. Im Verkehr ist die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte hierfür ein zentraler Baustein. Darüber hinaus ist aber auch entscheidend, wie Elektrofahrzeuge zukünftig genutzt bzw. kombiniert werden. Die Bedeutung des klassischen öffentlichen bzw. öffentlich zugänglichen Verkehrs (Bus, Bahn, Mikro-ÖV etc.), des Zu-Fuß-Gehens und Radfahrens wird wachsen. Dank elektrischer Unterstützung werden auch die Wegelängen am Fahrrad zunehmen. Darüber hinaus werden Bedarfsverkehre und geteilte Mobilität, sogenannte „Shared Mobility“, die neue Mobilität maßgeblich beeinflussen. Das geänderte Nutzungsverhalten wird gemeinsam mit der Energiewende maßgeblich die Mobilität der Zukunft mitgestalten.

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