Akku während der Fahrt laden: Ist das die Zukunft?
Der Gedanke klingt verlockend: Auf der Autobahn unterwegs sein und dabei nie wieder an einen Tank- oder Ladestopp denken müssen. Für die Toilette oder einen Kaffee wird man auch künftig anhalten müssen, das Nachladen selbst könnte allerdings (zumindest in der Theorie) völlig verschwinden.
Die Idee dahinter: Fahrzeuge beziehen ihre Energie während der Fahrt direkt aus der Straße. Bei der sogenannten induktiven oder kontaktlosen Energieübertragung wird Strom kabellos über ein Magnetfeld von im Asphalt verbauten Kupferspulen an entsprechend ausgerüstete Fahrzeuge übertragen. Auf Autobahnen soll diese Technologie Elektroautos und elektrische Nutzfahrzeuge permanent mit Energie versorgen.
Eine induktive Ladestraße wird im Rahmen eines Tests von Electreon im deutschen Karlsruhe verlegt.
Wo wird getestet?
In Deutschland wurde in den vergangenen Wochen auf der Autobahn A6 bei Amberg in der Oberpfalz eine ein Kilometer lange Teststrecke eingerichtet, in der Elektroautos mit entsprechendem Empfängergerät unter Asphaltkonstruktionen mit Kupferspulen Energie aufnehmen können. Das Projekt trägt den Namen E|MPOWER und wird von der Friedrich‑Alexander‑Universität Erlangen‑Nürnberg gemeinsam mit der Autobahn GmbH des Bundes sowie dem Technologieanbieter Electreon Deutschland umgesetzt. Hier liegt die Ladeleistung pro Segment aktuell bei bis zu 25 kW. Geplant war ursprünglich eine Leistung von bis zu 125 kW pro Spursegment, schreibt Electron.
Auch in Frankreich findet das Projekt Anwendung: Südwestlich von Paris auf der Autobahn A10 verlegt Electreon zusammen mit dem französischen Baukonzern VINCI Autoroutes, der Gustave-Eiffel-Universität und dem französischen Kunststoffhersteller Hutchinson auf 1,5 Kilometern 900 Kupferspulen etwa zehn Zentimeter unter dem Straßenbelag. Auf diesem Streckenabschnitt begann die Testphase mit vier Fahrzeugen unterschiedlicher Bauart. Erste Messungen zeigen Energiegewinne von rund zwei bis drei zusätzlichen Fahrkilometern pro gefahrenem Kilometer bei Pkw, bei Lkw sei das Verhältnis näher bei eins zu eins, berichtet Electreon.
Neben diesen Projekten plant oder leitet Electreon nach eigenen Angaben zusätzliche induktive Ladestrecken in den USA, Italien und China.
Auch Automobilhersteller testen das Konzept seit einigen Jahren unter realen Bedingungen: Stellantis hat bereits 2022 im Rahmen seines "Arena del Futuro"-Projekts im italienischen Chiari ebenfalls induktives Laden während der Fahrt demonstriert. Dabei konnte nach Unternehmensangaben ein Fiat 500e dauerhaft Energie mit bis zu 70 kW Ladeleistung aufnehmen, ohne dass seine Batterieladung sank.
Die Illustration von Electreon zeigt, wie das Auto über die Ladeplatten fährt.
Potenziale und Grenzen
In der Praxis zeigen erste Ergebnisse, dass der Gewinn an Reichweite durch induktives Laden zwar vorhanden, aber noch sehr begrenzt ist: Auf der französischen Teststrecke etwa wurden bei 1,5 Kilometern Länge "nicht einmal 4 kWh" zusätzlich geladen, heißt es im Fachmedium Electrive. Auch auf der bayerischen A6-Teststrecke seien die Effizienzwerte "noch weit von einem realistischen Serieneinsatz entfernt", berichtet die Tagesschau weiter.
Hinzu kommt der finanzielle Aufwand: Experten des ADAC verweisen darauf, dass eine flächendeckende Ausstattung der Autobahnen enorme Kosten verursachen würde. In ersten Projektschätzungen sei von 600 Kupfer-Spulen und einer Million Euro pro Kilometer die Rede, schreibt das Medium t3n unter Verweis auf Projektpartner. Auch die Tagesschau spricht von "deutlich sechsstelligen bis millionenschweren Investitionen pro ausgerüstetem Straßenkilometer".
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