Ferdinand Piëch: Seine berühmtesten Entwürfe

Ferdinand Piëch: Seine berühmtesten Entwürfe
Vom Porsche 917 zum 1-Liter-Auto von VW

Ferdinand Piëch ist tot. Der berühmt-berüchtigte Automanager und Entwickler starb im Alter von 82 Jahren. Nach seinem Studium an der ETH Zürich trat der Enkel von Ferdinand Porsche in das Unternehmen Porsche ein. Abgesehen von einem ganz kurzen Intermezzo für Mercedes (wo er später Entwicklungschef hätte werden können, aber aufgrund des Kostendrucks ablehnte), fand seine weitere Karriere im Volkswagen-Konzern statt. Über den Posten als Audi-Chef gelangte Piëch schließlich auf den VW-Vorstandsvorsitz.

Als Hobby nannte Ferdinand Piëch einmal "Autos bauen". Oft lotete er die Grenzen des technisch Machbaren aus, etwa beim Bugatti Veyron. Viele seine Entwicklungen waren wegweisend und beschäftigen uns noch heute im Positiven wie Negativen: Der Rennwagen in moderner Form (Porsche 917), Allrad im Pkw (quattro), die TDI-Dieseltechnik mit dem Extrem des VW 1-Liter-Auto, Plattformstrategie und Premium-Ausrichtung. Dabei war Piëch anregend wie aufregend, streitbar und selbstbewusst. In unserer Bildergalerie blicken wir zurück auf seine wichtigsten Fahrzeuge. Kommentiert werden diese von ihm selbst. Die Zitate stammen aus der 2002 erschienenen Autobiographie mit dem passenden Namen "Auto.Biographie" (Verlag Hoffmann und Campe, 288 Seiten, nur noch antiquarisch erhältlich, zwischen 15 und 20 Euro).

Ferdinand Piëch: Seine berühmtesten Entwürfe

Porsche 917

Unsere Bildergalerie zum Leben von Ferdinand Piëch beginnt mit seinem vielleicht berühmtesten Entwurf: "1968 kam es zum riskantesten Auto meines Lebens, dem  Porsche 917. Eine Aktion, die ich mir in meiner späteren Karriere nicht mehr zugetraut hätte, nämlich 25 sündteure Autos in einer zwar überzeugenden, aber unerprobten Motorkonstellation vom Zeichenbrett weg in Auftrag zu geben. (Die Zahl 25 war durch die damaligen Homologationsvorschriften der Sportbehörde gegeben, die Kategorie hieß groteskerweise "Seriensportwagen".)"

Ferdinand Piëch: Seine berühmtesten Entwürfe

Porsche 917

"Das Konzept war frech und simpel. Wir stellten zwei Sechszylinder zu einem 4,6-Liter-Zwölfzylinder zusammen. [...] Der 917 war das ultimative Tier unter den Rennwagen, ein dramatischer Auftritt und nach heutigen Maßstäben natürlich ein Wahnsinn. [...] Meinem Onkel Ferry Porsche gegenüber konnte ich mich unter vier Augen durchsetzen, denn in technischer Hinsicht haben wir uns gut verstanden. Hinterher, im Familienkreis, hat er fürchterlich geschimpft, was für Blödsinn das sei."

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Porsche 917 "Die Sau"

"Am besten gefiel mir das "Rosa Schwein" von 1971. Wir ließen es durchgehen, weil wir es sehr spät sahen und dann beschlossen, den Gag gut zu finden. Tatsächlich wurde das Auto als "Trüffeljäger", "The Pig" oder "Cochon Rose" international berühmt. Es hätte zum ultimativen Ganzjahrestyp des 917 werden können, aber leider hatte Reinhold Joest einen Unfall in der zwölften Stunde von Le Mans."

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Mercedes-Benz 240D 3,0

"Mercedes-Chef Joachim Zahn lud mich zu einem Gespräch. Man würde mich gerne engagieren, aber nicht so direkt von Porsche weg. [...] Die Zwischenzeit könne man mit einem Beratervertrag überbrücken. Auf der Suche nach einem passenden Thema für diese Tätigkeit stießen wir auf das Problem der Diesel-Aufrüstung. [...] Ich schlug einen Fünfzylinder-Diesel vor. Der müsste hineinpassen und würde tadellos den Job tun."

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Audi quattro

"Heute halte ich Allrad für unverzichtbar, wann immer man Hochleistung auf kultivierte Art darstellen will. [...] Als wir von der Konzernmutter endlich die Freigabe zum Bau des Wagens bekamen, mussten wir noch den Wolfsburger Gegenvorschlag zu "quattro" abwehren. Der lautete "CARAT" und sollte als Abkürzung verstanden werden - für Coupé Allradantrieb Turbo. Man stelle sich nur den Leidensweg vor, den unser tolles Auto mit einem solchen Namen auf sich genommen hätte."

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Audi V8

"Im Herbst 1988 kam der neue Audi V8. Er hätte ursprünglich Audi 300 heißen und eine neue Karosserie haben sollen, etwas länger als der 100/200. Das Projekt scheiterte jedoch am Einspruch des Vertriebschefs W. P. Schmidt (Volkswagen besorgte ja unverändert den Vertrieb auch für Audi): Er sah keinen Bedarf, und wenn wir schon einen Achtzylindermotor haben wollten, dann sollten wir ihn im 200 unterbringen. [...] Wir einigten uns im Konzern erst einmal auf einen passenden V8-Motor samt passendem Getriebe und wollten dann in der zweiten Runde eine komplett neue Karosserie bringen. Das sollte der A8 sein."

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Skoda Octavia I

"Giugiaro hatte Anfang der neunziger Jahre einen neuen Octavia für Skoda gezeichnet. Als ein Modell davon dem tschechischen Premierminister Vaclav Klaus gezeigt wurde (Tschechien war damals noch Mehrheitseigentümer von Skoda), war er irritiert: Das Auto sei "zu italienisch" für eine tschechische Marke. Ich fand, dass er Recht hatte, und wir machten ganz schnell ein neues Exterieur für den Octavia, in der internen Strategie als "Anti-Koreaner". Den Giugiaro-Entwurf wollten wir aber nicht verkommen lassen, schließlich waren die Werkzeuge schon in Anfertigung. Das Auto bekam eine Seat-typische Schnauze und kam als neuer Toledo auf den Markt."

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VW Golf IV

"Die "A-Plattform" für den Golf IV führte schließlich zu einer Spreizung auf zwölf Modelle: VW Golf, Bora, Beetle, Audi A3, Audi TT, Audi TT Roadster, Skoda Octavia, Seat Toledo, Seat Leon und die Variant-Modelle von Golf, Bora und Octavia. [...] Eines meiner persönlichen Anliegen hat mir Beiworte wie "Fugen-Ferdl" eingetragen. Die Hinwendung zu den heiklen Millimetern stammt noch aus der Audi-Zeit, als wir uns intensiv mit den Fertigungsqualitäten der Japaner auseinandersetzten. Bessere Verarbeitung der Karosserie wird als ein Teil sichtbarer Qualität wahrgenommen. Das Ideal ist eine Nullfuge, also das nahtlose Aneinanderstoßen von zwei Blechen."

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VW W12 Nardo

"Es muss Wettbewerb an der Spitze geben, gerade auch für eine Marke wie Volkswagen. Jeder traut Lamborghini oder Bentley einen vielzylindrigen Hochleistungssportwagen zu, aber so etwas muss auch unter dem VW-Zeichen möglich sein, wenn parallel dazu ein Auto wie der Phaeton entsteht. Es war als schlanke, schnörkellose Übung gedacht: Giugiaro zeichnet einen aerodynamischen Zweisitzer, wir verpassen ihm das modernste Fahrwerk und eine auf 600 PS gebrachte Version des Phaeton-Zwölfzylinders. [...] Gleich bei unserem ersten Kontakt mit den Stadtvätern erwarben wir eine Lizenz zur Nutzung der Namensrechte. Das Produkt, das sich bei Rekordläufen Lorbeeren holte, kann also Nardo heißen."

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VW Ein-Liter-Auto

"Startschuss für die konkrete Konstruktion war 1999 gewesen. Wir hatten gerade unseren Stufenplan vom Drei-Liter-Auto zum Zwei-Liter-Auto verworfen. Da hätte sich eine Zwischengröße ergeben, mit der niemand etwas hätte anfangen können. [...] 290 Kilogramm Gesamtgewicht bedeuten ein spektakuläres Extrem des Leichtbaus. [...] Als Kraftquelle, quer vor der Hinterachse, kam nur ein Dieselmotor in Frage. Drei- oder Zweizylinder hatten keine Chance, also wurde es ein 299-ccm-Einzylinder-SDI mit Pumpe-Düse-Direkteinspritzung. Er leistet 8,5 PS. Der Tank in seiner ganzen Bescheidenheit hatte 6,5 Liter Gesamtvolumen, das entsprach dem Augenmaß für die Reichweite Wolfsburg-Ingolstadt. Die Route, die wir zwischen Wolfsburg und Hamburg wählten, war 237 Kilometer lang. Am Ende fehlten 2,1 Liter Treibstoff, das ergibt einen Verbrauch von 0,89 Liter pro 100 km bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 71,5 km/h. Ich tauchte mit höchstem Genuss in eine heiße Badewanne des Hotel Vier Jahreszeiten."

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VW Phaeton

"Der Name Phaeton tauchte erst in letzter Minute auf. Fünf Jahre lang hieß das werdende Auto D1, entsprechend dem Segment aus der Sicht der Hersteller und der Tatsache, dass dies der erste Volkswagen in diesem Feld sein würde. [...] Es gab auch keine große Reaktion aus Ingolstadt, als wir sie vom D1-Projekt informierten. Ich glaube, sie nahmen uns nicht ganz ernst, sie dachten wohl nicht, dass die Wolfsburger das hinkriegen. Und dann war da noch ein sehr persönliches Motiv für einen ganz besonderen Volkswagen: Egal wo ich bin, ich baue gerne komfortable Reselimousinen mit Sportwageneigenschaften, da liegen meine Wurzeln."

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Bugatti Veyron

"Beim Motor kam ich auf eine Idee zurück, die mir im Shinkanzen-Expresszug zwischen Osaka und Tokio gekommen war. Wollte man den klassischen Bugatti-Motordaten noch eins draufsetzen, konnte das sicher nicht über den Hubraum geschehen (12,7 Liter im Achtzylinder des Royale), schon eher über die Zylinderzahl. Gerade das Volkswagen-Baukastenprinzip bietet unbegrenzte Möglichkeiten für vielzylindrige Einheiten. [...] Beim Motor verabschiedeten wir uns vorerst von den 18 Zylindern und steckten zurück auf 16. Das hing mit dem Wechsel zwischen den beiden grundsätzlichen Motorbaureihen des Konzerns zusammen: VR baut noch kompakter, erlaubt Hubräume jenseits der sieben Liter und macht freisaugend eine ebenso gute Figur wie mit Turbo."

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