Der neue woom-CEO: „Suchen Fabrik in Europa und werden noch jünger“

Zusammenfassung
- Bernd Hake, neuer CEO von woom, fokussiert auf Expansion und Diversifizierung der Modellpalette. Die E-Bikes müssten günstiger werden.
- woom verkauft 330.000 Kinderräder jährlich.
- Die Pläne sind ambitioniert: Eine Fabrik in Europa wird gesucht, die Zielgruppe wird noch jünger.
Vor zwölf Jahren wurde woom gegründet, als Start-up, das den Kinderradsektor eroberte. Nach einem Boom folgt für den neuen CEO Bernd Hake jetzt die Phase der Expansion.
KURIER: Wie läuft das Geschäft mit Kinderfahrrädern aktuell?
Bernd Hake: Bis 2022 war woom eine totale Erfolgsgeschichte mit super Umsatz und viel Markenliebe der Kunden. Dann hatten wir ein Jahr mit Rückgängen und konnten 2024 wieder wachsen.
Warum diese Einbrüche?
Die Nachfrage war einfach rückläufig. 2024 haben wir dann wieder 330.000 Räder verkauft – wir sind zufrieden, wollen aber mehr.
Entwickelt sich der US-Markt zu langsam?
Ich war unlängst dort, die Begeisterung für woom ist immens. Ich habe Zitate gehört, wie: „Ich habe noch nie 500 Dollar für ein Kinderrad ausgegeben“. Wir sind aber leider hinter unserem Plan, verkaufen 50.000 Bikes, weil die USA einfach ein schwieriger Markt sind. Da verlieren viele Marken Geld – wir auch. Im nächsten Jahr soll sich das ändern.
Sie haben den hohen Preis der Räder angesprochen. Sind Eltern gute Kunden, weil sie immer das Beste für ihr Kind wollen?
Eltern und Großeltern sind hervorragende Kunden. Unsere Räder lassen sich aber nach zwei Jahren um 80 Prozent des Neupreises weiterverkaufen. Sie sind also eine gute Investition.
In der Corona-Zeit lagen die Preise auf dem Secondhand-Markt über dem Neupreis.
Ich habe das mitbekommen. Das waren die goldenen Tage mit sehr viel Nachfrage.
Ist der Sekundärmarkt ein Problem für Sie?
Nein. Denn der Nachhaltigkeitsgedanke, das Fahrrad weiterzureichen, ist bei uns dabei. Es gibt genügend Eltern, die ein neues Rad für ihre Kinder wollen. Dann haben wir selbst den Refurbished-Markt. Und es gibt auch noch den Gebrauchtrad-Markt, das ist ein weiterer Kanal und gut fürs Image.
woom
2013 als Garagen-Start-up gegründet, verkaufte woom 2024 330.000 Kinderräder, die Hälfte in der DACH-Region, 20 Prozent in den USA. Mitarbeiter: 200. Firmensitz neuerdings in der Muthgasse in 1190 Wien
Bernd Hake
Sieht sich als People-Manager, hat seinen Hauptwohnsitz in Deutschland, die Familie in London und den Arbeitsplatz in Wien. Der Markenspezialist war bei Red Bull und 22 Jahre bei Hugo Boss. Er soll jetzt als woom-CEO die Fahrradmarke in neue Umsatzhöhen bringen
Sie haben bei den Modellen jetzt diversifiziert – warum?
Es gibt neue Trends, die wir belegen müssen. Das Thema E-Bike etwa. Wobei wir sehen, dass hier viele Kunden bei einem Preis von über 2000 Euro zurückschrecken. Deswegen werden wir in den nächsten Monaten neue E-Bikes anbieten, die günstiger sind. Unsere Radfahrkinder werden zudem älter und möchten sich ausprobieren. Deshalb die Explore-Linie der Allroundbikes.
woom hat als Start-up in einer Garage begonnen. Wo steht das Unternehmen jetzt?
Ich wurde für Expansion und Digitalisierung geholt, habe lange für Hugo Boss gearbeitet, dann für Red Bull. Aber: Ich kenne Start-up nicht. Wir wollen den Spirit des Start-ups weiter leben, brauchen aber die Mischung zwischen skalierbarem Prozessmodell und schnellen Ideen.
Es gab bei woom mehrere Managementwechsel in den vergangenen Jahren.
Alle CEOs, die hier gearbeitet haben, waren zur richtigen Zeit hier. Ich habe etwa jetzt die Möglichkeit, die Produkte, die mein Vorgänger entwickelt hat, auf den Markt zu bringen. Und damit zu wachsen.
Wo wollen Sie wachsen?
Ich glaube an die Regel „Make the big bigger“, also voller Fokus auf Europa, die DACH-Region und Benelux, Frankreich, Nordics. Und natürlich Amerika, wo wir in den Kernstädten wachsen wollen, in Ost und West und Nord und Süd.
woom hat versucht, die Produktion stärker von Asien nach Europa zu bringen. Ist das gelungen?
Es ist geglückt, 20 Prozent der Produktion machen wir in Polen. Das hat uns vor Kurzem vor Herausforderungen gestellt, weil das Werk kurzzeitig geschlossen wurde. Seit Mitte Februar ist die Produktion wieder angelaufen. Wir suchen aber auch weiterhin neue Zusammenbauer in Europa, blicken nach Litauen und Portugal und hoffen, dass wir das dort machen können.
Kann man nicht in Österreich zusammenbauen? Das würde schön zur österreichischen Marke passen.
Da bin ich zu wenig in der Thematik drin. Aber wenn Sie da jemanden haben, bitte bei uns melden. Am Tag müsste man 1000 bis 1200 Räder schaffen, pro Rad braucht man circa eine Stunde.
Industrie in Europa – gerade ein schwieriges Thema.
Weiß ich gar nicht so sehr. Ich glaube, dass das Thema Globalisierung leider von vielen hinterfragt wird. Viele Länder und Wähler haben entschieden, auf sich selbst zu schauen. Europa wird als Wirtschaftsraum nur bestehen, wenn wir gemeinsam wieder stärker sind.
Was kommt Neues? Räder für Erwachsene etwa?
Ist nicht geplant. Wir sind eine Kindermarke. Aber ich sehe uns künftig noch jünger.
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