Der Renault R5 ist fünfzig
Eigentlich ist der R5 von Renault ein „68er“, auch wenn das Auto im Jänner 1972 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Treibende Kraft hinter dem Projekt 122 (wie der R5 während seiner Entwicklungszeit genannt wurde) war Bernard Hanon, Ende der 60er bei Renault für die Planung zuständig. Zuvor war er an der Universität von New York Professor für Management und registrierte dort früh die Unzufriedenheit der jungen Generation. Die später in der 68er-Bewegung gipfeln sollte.
Nach seiner Rückkehr nach Frankreich überzeugte er die Verantwortlichen von Renault, dass es ein Auto mit einem neuen Konzept für die junge Generation zum einen und für die Frauen zum anderen brauchte. „Die Struktur der Haushalte hat sich geändert. Die Frauen arbeiten, reisen und brauchen offensichtlich ein kleines Mehrzweckfahrzeug“, so Hanon. Die technische Basis lieferte der R4, aber das neue Auto sollte viel schicker und stylisher sein. Und nur zwei Türen und eine Heckklappe haben. Das lieferte Diskussionsstoff mit den Händlern, die nicht an das Konzept glaubten. Aber Renault zog die Idee des Dreitürers durch.
Mit dem Design betraute man Michel Boué, einen Schüler von Raymond Loewy. Boué profitierte bei seiner Arbeit auch davon, dass er auf die klassischen Stoßstangen verzichten und den R5 stattdessen mit neuartigen Kunststoffstoßfängern ausstatten konnte. Was dem schicken Auftreten des Autos gut tat. Der praktische Ansatz, den der kleine Franzose bieten sollte, brachte es auch mit sich, dass der Kofferraum exakt so groß wie die Füllmenge eines Einkaufswagens war.
Im Jänner 1972 war es schließlich so weit und Renault präsentierte das fertige Auto. Und der R5 war von Anfang an ein Erfolg. Und zwar derart, dass Renault Mühe hatte, alle Bestellungen abzuarbeiten, und entsprechende Lieferzeiten die Folge waren. Tatsächlich kamen ein Drittel der Bestellungen von jungen Kunden und ein Drittel von Frauen. Aber der R5 sollte bald ein Auto für alle Generationen, unabhängig von gesellschaftlichen Positionen werden. Bereits 1974 war er das zweitmeistverkaufte Auto in Europa. Preis in Österreich: ca. 50.000 Schilling.
Ableger
Für den R5 kamen auch alsbald interessante Ableger. Schon 1972, also kurz nach Marktstart, wurde der R5 in Zusammenarbeit mit der französischen Elektrizitätsgesellschaft EDF elektrifiziert. Es wurden 100 Exemplare hergestellt, wobei die Batterie das Auto nicht nur zum Zweisitzer degradierte, sondern auch über eine eigene Luke im Dach eingebaut werden musste. Die Reichweite war mit 60 Kilometern bescheiden. Für viel Aufsehen sorgte die Turbo-Version des R5 mit Mittelmotor, die Renault 1978 präsentierte. Und das mit der für damalige Zeiten stattlichen Leistung von 160 PS. 1978 gab es für den R5 auch schon die Option Automatik und 1979 wurde dann auch noch die fünftürige Version nachgereicht.
Mitte der 80er-Jahre kam der Wechsel vom klassischen R5 zur neuen Generation „Super-Cinq“ – wobei Designer Marcello Gandini dem ursprünglichen Design von Michel Boué weitgehend treu blieb. Der Super-Cinq wurde noch bis 1996 produziert. Insgesamt wurden von 1972 bis 1996 rund 9 Millionen R5 gebaut.
Und die Geschichte geht weiter: Ab 2024 wird es wieder einen R5 geben, dann elektrisch.
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