Wir brauchen gläserne Bürgermeister

Wir brauchen gläserne Bürgermeister
Mehr Transparenz muss die Konsequenz aus dem Fall Riedl sein. Klare Vorgaben sind nötig – im Sinne aller anständigen Bürgermeister.
Michael Hammerl

Michael Hammerl

Augenrollen in der Volkspartei: Da sind sie wieder, die Korruptionsvorwürfe. Diesmal trifft es den mächtigen Gemeindebundpräsidenten Alfred Riedl, Bürgermeister von Grafenwörth. Riedl soll unter anderem Grundstücke zu seinen Gunsten umgewidmet und damit mehr als eine Million Euro verdient haben. Nach Rücktrittsaufforderungen hat er sein Amt lediglich „ruhend gestellt“.

Das ist menschlich verständlich. Gemeine Beobachter könnten einen zu schnellen Rücktritt ja als Schuldeingeständnis deuten. Hat sich Riedl – als Geschäftsführer einer Steuerberatungskanzlei durchaus bewandert in Rechtsfragen – wirklich strafbar gemacht?

Das ist wohl zweitrangig. Selbst ÖVP-Parteikollegen meinen, dass die Geschäfte moralisch eine sehr schiefe Optik hätten. Die viel wichtigere Frage: Ist das „System Riedl“ ein österreichweit gängiges? Hier müssen wir differenzieren. Es wäre einfach und höchst unfair, Dorfkaiser unter Generalverdacht zu stellen.

Der Posten ist mit einem Ehrenamt vergleichbar, für das man erträgliches Schmerzensgeld erhält. Wer einer Gemeinde mit 3.000 Einwohnern vorsteht, erhält im Durchschnitt immerhin mehr als 4.000 Euro brutto pro Monat – im Gegenzug setzt es halt tägliche Anfeindungen. Dazu kommt enorme Verantwortung, eben insbesondere im Bereich der Umwidmung von Grundstücken, die dem Gemeinderat obliegt. Das Gros der österreichischen Bürgermeister dürfte das Amt jedenfalls gewissenhaft ausüben. Dennoch muss der Fall Grafenwörth eine Konsequenz haben: volle Transparenz bei der Flächenumwidmung und bei Grundstücksverkäufen. Und noch härtere Regeln, wenn Bürgermeister oder Gemeinderäte direkt oder indirekt involviert sind.

In diesem Fall sollte nicht der Gemeinderat entscheiden, sondern eine übergeordnete Behörde auf Landesebene. Bürgermeister wie Gemeinderäte müssten zur Offenlegung verpflichtet werden und sich strafbar machen, sollten sie darauf vergessen. Das hätte zwei schöne Nebeneffekte. Erstens: Es würden automatisch mehr Fälle bei übergeordneten Landesbehörden landen. Zweitens: Es gäbe gläserne Bürgermeister, was dem Ruf des Amtes dienlich wäre.

Dass Gemeinden Grenzfälle grundsätzlich viel häufiger an die Landesebene übermitteln sollten, befinden übrigens auch Experten wie der Baurechtswissenschafter Arthur Kanonier. Etwa bei Großprojekten oder auch bei Bauvorhaben, die sich nicht eindeutig innerhalb der Gemeindegrenzen abspielen. Leider gibt es bei all diesen Vorschlägen ein generelles Problem: Die Bundesregierung bringt im Bereich Transparenz nichts weiter. Ob und wie sie das Amtsgeheimnis abschaffen will, verschiebt sie zum Beispiel seit zweieinhalb Jahren – von einer Jahreszeit auf die folgende. Im Herbst soll es dann übrigens so weit sein.

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