Was für ein Theater oder: Die große Empörungskultur

Was für ein Theater oder: Die große Empörungskultur
Die Nebentöne um Maria Happels Abgang vom Reinhardt-Seminar irritieren – ebenso wie vorschnelle Urteile.
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Haben Sie sich heute schon empört, so richtig, mit steigendem Blutdruck, Adrenalinschub und roter Birne? Sind Ihnen bei der Idee des neuen SPÖ-Chefs, Cannabis zu legalisieren, die Schweißperlen gekommen? Haben Sie nun endgültig Ihr Urteil über Rammstein gefällt – oder verfestigt? Besitzen Sie daheim eine Gewessler- oder Edtstadler-Voodoo-Puppe zum Abreagieren, je nach ideologischem Geschmack?

„Empört Euch!“ ist nicht nur ein Essay von Stéphane Hessel, sondern längst auch Maxime des Handelns unserer Gesellschaft. Der Vorteil an dieser Sucht: Man findet täglich einen Grund für eine Empörung, kann wunderbar im Kreis ziehen, von Opfer zu Opfer. Ob man sich dabei allerdings auch fortbewegt, ist zweifelhaft.

In der Kulturszene, die sich ja schon seit jeher (auch politisch geschürt) für Empörungsrituale eignet, wird zurzeit besonders aufgeregt Richtung Max-Reinhardt-Seminar geblickt. Das ist allein schon deshalb praktisch, weil man bei Diskussionen über Kunst im Bedarfsfall gleich eine generelle Kulturskepsis, wenn nicht gar Feindlichkeit gegenüber Großkopferten, Subventionsabhängigen und nichtstuenden Selbstdarstellern mittransportieren kann.

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