Was die Welt zusammenhält: Ein Lob der Unterhaltungskultur

Drei elegant gekleidete Personen posieren vor einem gelben Gebäude.
Es braucht Wege aus der gesellschaftlichen Aufgerautheit. Ein Ort, an dem man zusammenfinden kann, ist die Unterhaltungskultur.
Georg Leyrer

Georg Leyrer

Wo man auch hinschaut: In unserem Zusammenleben zeichnen sich derzeit allüberall Risse im Boden ab, die im schlechtesten Fall Vorboten eines großen gesellschaftlichen Erdbebens sind.

Es ist Krieg und Krise; die Politik bringt dennoch über weite Strecken nicht viel mehr als ein übel gelauntes, weltfremdes Schauspiel zwischen Drama und Klamotte zusammen. Zornbebend und unversöhnlich stehen einander Menschengruppen unterschiedlicher Meinungen gegenüber. Aus dem Internet kommt aus allen Richtungen in ihrer Dummheit ordinäre Propaganda, die erschreckend viel Gehör findet.

Das alles raut die nachpandemisch eh schon erschöpften Menschen auf: Wo man hinfühlt, ist der Kitt der Gesellschaft brüchig geworden. Darunter spannt sich ein Blitz- und Donnerpotenzial, das erschreckend ist. Wenn auch nicht so erschreckend wie das, was Wissenschafter über die Zukunft vorhersagen, wenn alles so weitergeht wie bisher.

Über all diesen Abgründen wird vielen schwindlig: Sie verrennen sich in dunkle Ecken aller Art, in Extremismen des Hirnes und des Herzens, die überraschend oft genau in der Mitte der Gesellschaft zu finden sind.

So weit, so unerfreulich.

Erstaunlich wenig aber wird darüber nachgedacht, wie man aus all dem wieder herauskommt. Man hat es sich in der schlechten Laune eingerichtet. Kann man nichts machen? Das ist, natürlich, falsch.

Nur werden Lösungen an den falschen Orten gesucht: in der Politik, in kleingeistigen Schulterschlüssen aller Art. Keine Rolle in der Debatte spielen, absurderweise, jene Bereiche, die wirklich Wege aus der übel gelaunten Gesamtanspannung bieten – oder zumindest deren Erleichterung.

Wie zum Beispiel die viel geschmähte Unterhaltungskultur. Vom Hauptabendfernsehen bis zur Romantikkomödie im Kino, von der leichten Theater-Muse bis zur noch leichteren Melodie: Die Meisterinnen und Meister der Unterhaltung – mit Christiane Hörbiger ist gerade eine der wichtigsten von uns gegangen – ermöglichen vielen, vielen Menschen genau das, was derzeit dringlich fehlt. Momente des Glücks nämlich, das Gefühl der Sicherheit und der Freude, das wohlige Bad im Bekannten, schlicht gesagt: ein, zwei, drei Stunden am Tag, die sorgenfrei sind.

Das alleine ist natürlich keine Lösung irgendeines Problems. Aber es beeinflusst die Empfindung der Menschen: Unterhaltung pflegt und fördert das Gemeinsame, das Geteilte, das Reibungsfreie, das Schöne und allgemein Gültige, genau das also, was im allgemeinen Dauerstreit verschüttet wird.

Daher ist es höchste Zeit für uns alle zu verstehen, wie hoch politisch und wichtig Unterhaltung eigentlich ist – und diese gerade jetzt zu schätzen, zu teilen und gemeinsam zu genießen.

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