Nun aber ist der VÖZ in die Offensive gegangen. Bereits zum Tag der Pressefreiheit setzte man ein starkes Signal mit den leeren Titelseiten plus Brief der Verleger, der allerdings noch keine konkreten Forderungen enthielt. Das nun vorgelegte Fünf-Punkte-Programm ist eine klare Kampfansage.
Ein Schlüsselbegriff darin ist „unverwechselbares öffentlich-rechtliches Profil“. Wenn man das zu Ende denkt, kann dabei eigentlich nur herauskommen, dass es kein Monopol des ORF auf „öffentlich-rechtlich“ geben kann – auch wenn der ORF verzweifelt versucht, unter Berufung auf diesen überkommenen Begriff seine längst obsolet gewordene Sonderstellung zu rechtfertigen; sondern dass „öffentlich-rechtliche“ Inhalte von vielen Print- und elektronischen Medien bereitgestellt werden. Und dass es demnach geboten wäre, die für die Förderung von unabhängigem Journalismus vorgesehenen Budgets prinzipiell an alle Medien nach einem zu definierenden Schlüssel zu vergeben.
Apropos unabhängig: Solange der ORF seine jetzige Sonderstellung hat, wird er in irgendeiner Form immer „politisiert“ bleiben – wie immer man auch die Gremien reformieren mag. Auch hier gilt: Eine wirkliche „Entpolitisierung“, von der geredet wird, seit es den ORF gibt, ist nur möglich, wenn der ORF ein Medienhaus wie jedes andere wird, welches sich mit seinen Angeboten auf dem Markt behaupten muss.
Möglicherweise würde das auch die extreme ideologische Schieflage des ORF ein wenig korrigieren. Diese (in sozialen, gesellschafts- wie wirtschaftspolitischen Fragen) antibürgerliche Tendenz manifestiert sich in TV, Radio und online – und geht im Übrigen weit über den eigentlichen Infobereich hinaus, wie etwa die Morgenschiene auf Ö1 zeigt.
Ob die Verleger bei der Kanzlerpartei auf ein offenes Ohr stoßen werden, ist indes mehr als fraglich. Hätte die ÖVP verstanden, worum es geht, sähe bereits der Entwurf zum ORF-Gesetz anders aus bzw. hätte sie schon längst einschlägige Maßnahmen gesetzt. Ihr Agieren verwundert umso mehr, als der „Öffentlich-Rechtliche“ ja über weite Strecken gegen so gut wie alles agitiert, wofür Parteien wie die ÖVP (vorgeblich?) stehen. Aber ein gewisser Masochismus scheint generell zur DNA dieser Partei zu gehören. Das wäre indes eine eigene Geschichte.
Kommentare