Verkehrsunordnung

Die neue Ampel sollte simpel sein, lässt aber zu viel Interpretationsspielraum und öffnet Türen für falsch verstandene Regionalität
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Das Virus kommt mit dem Auto, da ist es nur logisch, dass wir eine Ampel brauchen, um es aufzuhalten.

Seit Freitag regeln nicht mehr primär Verordnungen den Corona-Verkehr (die gibt es schon auch noch, wie die vielen Vorschriften in der StVO), dafür haben wir ein Ampelsystem für ganz Österreich. Eigentlich nicht für ganz Österreich, sondern für jeden Bezirk. Da wiederum ist nicht gewährleistet, dass ein und dieselbe Signalfarbe auch dasselbe bedeutet. Und damit es keinesfalls zu einfach wird in diesen komplexen Zeiten, gibt es vier statt der international gängigen drei Farben. Einleuchtender als die bisherigen Verordnungen ist die Ampel aber allemal.

Um keinesfalls missverstanden zu werden: Ein Warnsystem ist dringend nötig. Da die Zahlen zuletzt wieder stiegen – und ab Montag wohl weiter steigen werden, wenn in Ostösterreich die Schule beginnt und Urlauber wieder daheim sind – braucht es eine simple Visualisierung. Leider ist die Logik aber nicht auf den ersten Blick gegeben. Und es bleibt Raum für Schlupflöcher. In echt gibt’s ja auch das Taxler-Grün (= blinkendes Gelb).

Vier Bezirke, darunter die drei größten Städte, wurden in der ersten Ampelphase auf Gelb gesetzt. Trotzdem können Schulen und Theater wie geplant beginnen – das ist schön. Ehe es jedoch zur Farbgebung kam, soll es in einigen Regionen aufheulende Motoren gegeben haben, wie an der Kreuzung: Wer hat mehr PS? Danach stieg der Linzer Bürgermeister als Erster auf die Bremse und weigerte sich, Maßnahmen umzusetzen. Kein Wunder, dass es zum Verkehrschaos kommt, wenn sich die Mitglieder der Kommission – fünf vom Bund, je ein Vertreter jedes Bundeslandes, dazu fünf Experten – gegen den Willen manches Landesfürsten oder Bezirkskaisers einigen müssen. Stellen Sie sich einmal vor, am stark befahrenen Wiener Gürtel stehen 19 Polizisten vor einer Ampel, die sie händisch schalten und beginnen mit den Betroffenen zu diskutieren – so präzise können die Parameter gar nicht sein, dass es unfallfrei abläuft.

Klar ist jedenfalls: Es wird im Herbst zu weiteren Verschärfungen kommen, vielleicht sogar zu orangen und roten Phasen. Hoffentlich ist das Modell der Ampel ein sinnvolles Steuerungselement durch die Krise. Zumindest in der Anfangsphase lässt es zu viel Interpretationsspielraum und öffnet Türen für falsch verstandene Regionalität. Darüber hinaus geht die Corona-Ampel sehr spät in Betrieb, erst drei Tage vor dem Schulstart. In Frankreich beispielsweise gibt es seit Mai ein Warnsystem mit Farben.

Das Wort Ampel kommt übrigens vom lateinischen ampulla, bedeutet kleine Flasche, die ursprünglich Öle und Salben enthielt, es ist also durchaus mit Heilung konnotiert. Die erste Verkehrsampel wiederum wurde 1868 in London aufgestellt, mit Gas betrieben – und explodierte.

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