In Wahrheit freilich ging es nie. Die Idee, dass eine „bürgerliche“, liberalkonservative Partei, die nach eigenem Bekunden eine „ordentliche Mitte-Rechts-Politik“ machen möchte, mit einer, die in sämtlichen Bereichen weit links steht, sinnvoll zusammenarbeiten könnte, war von Anfang an nicht plausibel. Der gut klingende Slogan vom „Besten aus beiden Welten“ war ein Marketinggag. Ob sein Erfinder, Sebastian Kurz, selbst daran geglaubt hat oder sich die Koalition damit nur schönreden wollte, sei dahingestellt: Weder das eine noch das andere spricht in diesem Punkt für ihn.
Wer daran zweifelt, möge sich nur auf ein kleines Gedankenexperiment einlassen und vorstellen, es hätte keine Pandemie gegeben. Natürlich war „Corona“ eine Ausnahmesituation, welche auch für die Regierung (wie überall auf der Welt) eine gigantische Herausforderung dargestellt hat. Gleichzeitig ist aber offensichtlich, dass diese Mega-Krise als Kitt für die beiden Koalitionsparteien fungiert hat. Dieser hat inhaltliche Sollbruchstellen, welche unter anderen Umständen mit Sicherheit sehr bald schon aufgeklafft wären, einigermaßen überdeckt.
Der einzige Kitt, den es jetzt noch gibt, ist die Angst vor den Wahlen: Beide Parteien wissen, dass sie dramatisch verlieren werden; beide müssen damit rechnen, einer künftigen Regierung nicht mehr anzugehören – und wenn, dann unter schlechteren Bedingungen: die ÖVP als Zweite in einer FPÖ-geführten Allianz oder (möglicherweise ebenfalls nur als Zweite) in einem mühsamen Dreierbündnis mit SPÖ und Neos oder Grünen. Die Grünen in der eben genannten Konstellation oder – aber die derzeitigen Umfragen geben das nicht her – in der heimlichen Wunschkoalition aller selbsternannten Guten und Anständigen, gemeinsam mit SPÖ und Neos. Also eine Art österreichische „Ampel“, die bei uns nicht so heißt, weil die Neos pink sind und nicht gelb wie die FDP (und auch links von der FDP stehen).
Dieser Kitt ist freilich recht dürftig – und das merkt natürlich auch das Publikum, dessen Laune angesichts der Performance immer schlechter wird. Was wiederum Wasser auf die Mühlen von … Aber lassen wir das. Es ist jedenfalls eine Ironie der Geschichte, dass gerade diese Koalition die zweite sein dürfte, welche – nach der Regierung Faymann I – eine ganze fünfjährige Legislaturperiode (2007 eingeführt) durchhält. Kein wirklicher Trost.
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