Als gelernter Österreicher ist man versucht, die ganze Aufregung mit einer Bemerkung zu schmücken, die hierzulande gerne bei kleinen und mittleren Katastrophen im Freundeskreis gezückt wird: „Das hätt’ ich dir früher sagen können.“
Die Friedensgespräche mit Putin, bei denen Europa und die Ukraine am Katzentisch sitzen müssen, die Forderung, dass sich Europa danach gefälligst um diesen Frieden zu kümmern habe, ja sogar der mögliche Abzug von US-Truppen aus Europa: Wenn man Trump eines nicht vorwerfen kann, dann, dass er mit diesen Plänen hinterm Berg gehalten hätte. All das war schon bei der ersten Runde im Weißen Haus Grundpfeiler des Trumpschen Weltbilds und wurde im Wahlkampf im Vorjahr laut und – Trump eben – deutlich angekündigt.
Man wusste in Brüssel also – bei NATO und EU – womit man zu rechnen hatte. Man wusste auch, dass die eigenen militärischen Kapazitäten niemals ausreichen würden, um die Ukraine zu einem Sieg und der Wiedereroberung des eigenen Territoriums zu führen. Und wenn jemand tatsächlich solchen Träumen noch anhing, bekam er sogar von Präsident Selenskij auf offener europäischer Bühne die Wahrheit serviert. Der machte schon auf einem der letzten EU-Gipfel klar, dass es ohne die Amerikaner nicht gehen werde.
Jetzt also soll es ohne die Amerikaner gehen, und zwar schnell. Aber wo anfangen, bei all den Versäumnissen und bequemen Lebenslügen, in denen wir uns in Europa - und in Österreich - eingerichtet haben? Das Versprechen, die Ukraine in ihren alten Grenzen wieder herzustellen, über Jahre der Stehsatz europäischer Spitzenpolitiker, wird sich wohl nicht mehr einlösen lassen. Der Streit um das Geld für Europas Verteidigung hat noch gar nicht richtig angefangen. Nüchtern betrachtet sitzen wir 35 Jahre nach Ende des Kalten Krieges unter einem Atomschirm, den die USA kontrollieren, und bemerken gerade, dass der Rest der Welt dieses Europa militärisch nicht sonderlich ernst nimmt.
Der Herr im Kreml jedenfalls weiß, mit wem er sich an einen Tisch setzen muss. Um Europa kümmern sich vorerst seine Hackerbrigaden. Um unsere Demokratien in Schräglage zu bringen, reichen ja oft schon millionenfach verbreitete Lügen in Sozialen Medien.
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