Spionage-Hotspot Wien: Mehr als nur Folklore

Die russische Vertretung in Wien
Der Zusammenfall ist pikant: Am Mittwoch versichert der Bundespräsident in Kiew die Ukraine der österreichischen Solidarität (tags zuvor hatte er Russlands „Kolonialkrieg“ gegeißelt); einen Tag später weist Österreich vier russische Diplomaten wegen Spionage aus.
Für die Krakeeler der Russland-freundlichen FPÖ war schon die Kiew-Visite „Staatsgefährdung“ und ein Verstoß gegen die Neutralität. Und der russische Botschafter – was für eine Allianz! – rüffelte VdB, weil der die „westliche Mythologie“ zum Ukraine-Konflikt noch ausweite.
Das ist inhaltlich doppelt falsch: Die Neutralität ist eine militärische, keine politische – die kann es im Falle von kriegerischem Massenmord der Marke Putin nicht geben. Und eine Mythologie, die sich laufend als Realität erweist, ist die über die russische Spionagetätigkeit im großen Stil. Kehren Sie vor der eigenen Tür, Herr Botschafter!
Fakt ist: Österreich ist seit dem Kalten Krieg Aufmarschgebiet für ausländische Geheimdienste. Nicht nur die russische Botschaft, auch Vertretungsbehörden einiger anderer Staaten, Firmen und Unternehmen galten stets als „Büro“ für Spionageaktivitäten – ein bisschen nahm Wien das stets als Renommee und Folklore. Die Strafandrohung war/ist gering. Und manch Information war das Papier nicht wert, auf dem sie geschmuggelt wurde.
Heute sind die Spionagemethoden hightech, dringen in alle Bereiche von Staat/Gesellschaft ein, richten wirtschaftlichen und politischen Schaden an. Staaten wie China oder die Türkei stehen im Verdacht, ihre Community oder politische Gegner hier auszuspionieren. Russische Regimekritiker müssen Angst haben. Der Ungeniertheit, mit der all das passiert, wäre Einhalt zu gebieten. Nicht nur im Falle eines kriegführenden Staates wie Russland.

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