Pro
Ob man es will oder nicht: Die Welt ist im stetigen Wandel. Heutzutage sind Sneaker die am weitesten verbreitete Art Schuhe, Hip-Hop hat Pop auf Streamingdiensten als meistgehörte Musikrichtung abgelöst und in ein paar Jahren wird jedes Vorstandsmitglied in seinem Leben bereits Videospiele gespielt haben. Auch kurze Hosen sind für die allermeisten heute ein Kleidungsstück wie jedes andere, von dem es legere und elegante Varianten zu kaufen gibt.
Das alles muss einem ja nicht persönlich gefallen. Sich aber an alteingesessenen Normen festzuklammern, weil man sie früher als unumgänglich eingetrichtert bekam, wird nicht dazu führen, dass sich jüngere Generationen anpassen – sondern nur dazu, dass sie sich abwenden.
Auch hier zeigt sich wieder ein klassisches Merkmal meiner Generation: Selbstverwirklichung in der Gegenwart steht für uns über Erfolg in der Zukunft. Weil wir aufgrund ständiger Krisen – allen voran der Klimakrise – nicht sicher sein können, wie viel Zukunft wir noch vor uns haben.
Wer sich also ernsthaft in Zeiten, in denen wir in Europa jährlich Temperaturen jenseits der 40 Grad erleben, an kurzen Hosen im Arbeitsumfeld stört, mag vielleicht seinen Ruf als seriöser Arbeitgeber unter jenen wahren, die nicht mehr lange Teil der Arbeitswelt sein werden. Er muss aber auch der Realität ins Auge blicken, dass sich junge, selbstbewusste Talente für jene Jobs entscheiden werden, bei denen sie sich so präsentieren können, wie sie eben sind.
Johannes Arends ist Redakteur im Außenpolitik-Ressort
Contra
Alles dreht sich und bewegt sich, auch bei Kleidung und Stil. Es scheint, dass mit dem Daheimsitzen in Lockdowns auch vergessen wurde, was beim Gewand adäquat ist. Leger will man jetzt sein. Möglichst immer nach Freizeit aussehen. Ein grüner Minister ist sogar in Turnschuhen zur Angelobung angetreten – hat ihm auch kein Glück gebracht. Als nächstes drängt nun die kurze Hose an Männern in die Büros und mit ihr nackte, behaarte Beine.
Um es abzukürzen: Bitte tun Sie’s nicht!
Nicht, wenn Sie karrieremäßig noch was vorhaben. Nicht, wenn in Ihnen ein letzter Funke Aufstiegswunsch vorhanden ist. Nicht, wenn Sie auf andere gut wirken wollen. Die Kurze gehört in die Freizeit und bei aller Lässigkeit im Job: Freizeit ist das dort eben nicht.
Die Kleidung hat nämlich Funktionen. Sie hebt das Niveau und im Bestfall die Person, die darin steckt. Sie schafft Professionalität. Welchen Eindruck hätten Sie vom Chef im Ruderleiberl, von der CEO im bauchfreien Top, vom Vorstand in Flipflops? Da kann noch so viel Kompetenz sein, der Nacktlook würde eine Abwertung schaffen, da gehen die besten Quartalszahlen baden.
Die Kleidung bietet zudem Schutz vor bösen Angriffen. Klassische Anzüge mit Gilet sind ja der Ritterrüstung nachempfunden. Motto: Je mehr Lagen, desto eher überlebt man. Klar, dass man dieses System bei Hitze nicht durchzieht, ähm, anzieht. Finde ich eh’ auch übertrieben, obwohl es im Büro immer nur 22 Grad Celsius hat. Aber ein Mindestmaß an Bedecktheit tut Trägern und Betrachtern gut. Zumal: Mit dem Homeoffice bleiben ohnehin nur noch wenige Tage mit besagtem Dresscode. Daheim können Sie ja sitzen, wie Sie wollen.
Sandra Baierl leitet u. a. JOB & BUSINESS
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