Nach Kärnten: Schwarzer Jubel, roter Frust
Martin Gebhart
05.03.23, 20:27Wenn ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer zu Beginn des Jahres gefragt worden wäre, bei welcher Landtagswahl er sich den meisten Rückenwind für den Bund erhofft, dann wäre sicherlich nicht Kärnten an erster Stelle genannt worden. Seit Sonntag müsste er da Abbitte leisten. Die Volkspartei nimmt im südlichsten Bundesland zwar weiterhin nur den dritten Platz hinter SPÖ und FPÖ ein, sie hat aber im Vergleich zu allen Umfragen deutlich zugelegt.
Die Meinungsforscher, die im Vorfeld der Wahl Umfragen veröffentlicht hatten (der KURIER hatte sich diesmal bewusst nicht beteiligt), lagen gerade bei der ÖVP am weitesten daneben. Sie hatten einen Absturz auf Platz vier, vielleicht sogar ein Abrutschen unter zehn Prozent prophezeit. Verbunden mit der Argumentation, dass auch die Performance der ÖVP auf Bundesebene dazu beitrage.
Es ist das erste wirkliche Erfolgserlebnis für Nehammer bei einer Landtagswahl. In Tirol und Niederösterreich ist seine Partei zwar jeweils klar an erster Stelle geblieben, musste aber in beiden Fällen hohe Verluste hinnehmen. Kärnten hat gezeigt, dass die ÖVP auch wieder zulegen kann. Das empfindet die gebeutelte Bundespartei als eine kleine Mut-Injektion für die nächste Nationalratswahl 2024 – und vor allem im Hinblick auf die fast wöchentlich erscheinenden Sonntagsfragen, die die ÖVP seit vielen Monaten nur auf Platz drei sehen. Auch gegenüber dem Koalitionspartner, den Grünen, die den Wiedereinzug in den Landtag nicht geschafft haben, ist das ein kleiner ÖVP-Triumph.
Die FPÖ hat zwar ähnlich wie die Schwarzen zugelegt. Dort fühlt sich das aber ganz anders an. Bundesparteiobmann Herbert Kickl hatte die Kärntner Landtagswahl fast zu seinem persönlichen Urnengang erklärt. Es verging zuletzt kaum eine Woche, wo er nicht in einer Kärntner Gemeinde wahlkämpfend aufgetaucht ist. Da wirkt selbst das kleine Plus auf hohem Niveau wie ein Dämpfer.
Die SPÖ ist die große Wahlverliererin des Abends. Dabei hatte die Parteispitze in der Wiener Löwelstraße gehofft, dass ihr der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser mit einem Ergebnis über der 40-Prozent-Marke eine Verschnaufpause in der Führungsfrage im Bund verschafft. Dass das nicht der Fall ist, zeigte der Wahlabend in Klagenfurt. Im Vorfeld hatte Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner darauf beharrt, Vorsitzende und Spitzenkandidatin im Bund zu bleiben. Peter Kaiser wollte auf diese Frage hingegen keine klare Antwort geben. Die wird spätestens bei der Salzburg-Wahl erwartet. Dort tritt mit David Egger ein SPÖ-Mann an, der vielleicht als Einziger in diesem Jahr seiner Partei Zugewinne verschafft. Der bittere Beigeschmack für die Parteizentrale: Er ist ein ausgewiesener Hans-Peter-Doskozil-Anhänger.
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