Schluss mit der UNESCO-Frotzelei

Ob eine Stadt das Zeug zur Weltstadt hat, bemisst sich nicht an einem Prädikat, das uns längst mehr schadet als schmückt.
Christoph Schwarz

Christoph Schwarz

Investor Michael Tojner zählt gemeinhin nicht zu jener Gattung Unternehmer, die unseres Mitleids bedürfen. In der Causa Heumarkt könnte er einem aber fast leidtun. Seit Jahren pflegt die Stadtregierung einen Streit mit den UNESCO-Welterbehütern, der längst so unsinnig und unübersichtlich ist, dass man an dem Versuch, ihn in seinen Details darzustellen, zwangsläufig scheitert. Mit dem Ergebnis, dass Tojner mit dem (durchaus ansehnlichen) Neubau seines Hotel Intercontinental in der Endlos-Warteschleife verharrt.

Wann Tojner der Geduldsfaden reißt (und warum er nicht längst gerissen ist), ist eine der großen ungelösten Fragen in diesem Drama. Vielleicht ist es ja jetzt, nachdem die UNESCO den Beschluss erneuert hat, Wien auf der roten Liste des gefährdeten Weltkulturerbes zu belassen, so weit. (Dass das bestehende Bauwerk so in die Jahre gekommen ist, dass es die größere ästhetische Gefahr darstellt als jeder Neubau, ist ein Nebenaspekt, aber kein ganz unwichtiger.)

Gefordert ist der Bürgermeister höchstselbst. Bisher hat Michael Ludwig das Thema, das er sich von der Vorgängerregierung eingetreten hat, einigen ungeschickten roten Mittelsmännern überlassen. Sich nicht mit Unliebsamem anzupatzen, ist ein Kernstück der Ludwig’schen Machtstrategie. Beim Heumarkt wird der Versuch, das Problem auszusitzen und durch halbherzige Umplanungen die UNESCO doch noch zu befrieden, aber nicht zum Ziel führen. Wie kompromisslos die UNESCO und ihre Experten mit der Stadt umgehen, ist – auf Wienerisch – eine Frotzelei. Mit ihrem erpresserischen Nein behindern sie eine zeitgemäße Innenstadtentwicklung. Dass sich die SPÖ derart gängeln lässt, legt zugleich den Verdacht nahe, dass sie vielleicht gar keine wirkliche Vision für die Innenstadt hat.

Die erschreckend einfache Lösung: Ludwig muss Mut beweisen – und sich vom Weltkulturerbe verabschieden. Es ist bloße Kosmetik und hat weder touristischen noch sonst einen Wert. Ob eine Stadt das Zeug zur Weltstadt hat, bemisst sich nicht an einem Prädikat, das uns längst mehr schadet als schmückt.

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